Seit Mittwoch weilte ich in Nürnberg um mich auf Rock im Park einzustimmen. Manuel, den ich kurzfristig mitnehmen wollte, fand sehr zum eigenen Bedauern nicht die Zeit und so war ich alleine in Personalunion als Schreiber und Fotograf unterwegs. Die Zeit verflog geradezu, den im Hostel galt es Israelis und Griechen die Grundregeln von Rock im Park nahe zu bringen. Was auch immer sie zuhause an Festivals kannten, es muss ein komplett anderes Erlebnis gewesen sein – vor allem mit viel viel weniger Besuchern. Die Abende bis zu meinem Abschied aufs Centerstage Camping am Freitag mittag gingen also mit englisch angehauchter Hand und Fuss-Kommunikation drauf. Interessant war das – wie eigentlich immer in Hostels. Leider weiss man jedes Jahr aufs neue nie, wie sich die weit angereisten Besucher dann vor Ort wirklich geschlagen haben..
Mittwochs nach dem Check-In flanierte ich noch 3 Stunden lang über das nahezu fertiggestellte Festivalareal um den Aufbaufortschritt in Bilder zu pressen, donnerstags dann warf man sich ins bunte Treiben der Anreisenden. Und das obwohl die Nacht ein Albtraum war. Mein 3er-Zimmer teilte ich mir nämlich mit einem älteren Herren, der laut schnarchte. Da halfen selbst meine Musikplugs nicht gegen.
Natürlich führte der Weg auch zu den alten Freunden auf C6. nachdrücklich legten sie mir nahe, abends doch zum Parkrocker-Treffen zu kommen. Ganz klar, dass ich da dabei sein musste. Auch wenn die bekannten Gesichter von Jahr zu Jahr weniger werden, ist der Parkrocker noch immer die Homebase. An diesem Abend war mir irgendwie nicht nach fotografieren, und so fielen die Bilder dann auch aus. Aus Versehen mit Iso3200 aufgenommen, kann man die Bilder der Öffentlichkeit kaum zumuten.
Den Abend verbrachte ich wieder im Aufenthaltsraum des Hostels und danach friedlich schlummernd in einem Raum unterhalb meines Kettenschnarchers.
Freitag 11 Uhr öffnete das Pressezentrum im 3.Stock der Clubstage seine Pforten. Gegen 11:30 Uhr hatte ich meine Akkreditierung eingelöst und es baumelten 2 Pässe um meinen Hals. Galt es nur noch das Zelt auf Center Stage Camping zu platzieren. Leider war der Armbandverschweisser vor dem Eingang ausgefallen. 45 Minuten Wartezeit und 2 Austauschgeräte später hatten die niederländischen Erfinder die Lösung zum Problem: Die Stromquelle lieferte die falsche Spannung. Weiter 15 Minuten später hatte ich mein Bändchen um den Arm und wollte mein 2Seconds auf einem freien Spot platzieren. Da hatte man die Rechnung aber ohne den mittlerweile krebsrot verbrannten Security gemacht. Der liess mich mit dem Hinweis es handle sich hier um für Notfallfahrzeuge freizuhaltende Flächen meine Sachen wieder zusammenklauben und mit den Worten “Da hinten bei der Bayernfahne könnte noch ein Fleckchen frei sein” einen anderen Platz suchen. Natürlich war da nichts mehr zu holen und so pendelte ich zurück und lies mich nahe bei der Wasserstelle nieder. Mit Blick auf die hohen Temperaturen war ich mir sicher, dass sich der Morast nur schwer den Weg zu meinem Zelt bahnen würde können.
Nachdem mein optimiertes Marschgepäck im Zelt platziert und der Körper mit Sonnengel eingeglibbert war, stand der Sprung auf die Stages an. Doch just in diesem Moment kehrte mein Nachbar mit einem weiteren Zelt zurück. Er hatte es genau da aufbauen wollen, wo sich nun meines in der Sonne aufheizte. Nach gereiztem Gesprächsbeginn konnten wir uns darauf einigen beide Zelte auf den verbliebenen Platz zwengen zu können. Gesagt getan und eine weitere Band ging ins Land.
Interessant noch zu erwähnen, dass bei meiner Rückkehr nachts die freizuhaltenden “Notfallflächen” komplett zugecampt waren. Wer hätte das bei ca 250 uneingelösten Camping-Tickets und fehlender Alternativflächen erwartet?
Letztlich schaffte ichs erst zu Escape The Fate als Fotograf in Erscheinung zu treten. Bei Rock im Park laufen die Dinge etwas anders als von FKP Scorpio gewohnt. Man wird vom Pressezentrum an die Bühne gebracht und nach 3 Liedern auch wieder an den Startpunkt zurück geleitet. Was Anfangs durchaus gewöhnungsbedürftig war, sollte sich schnell zu einer netten Gewohnheit entwickeln. Lediglich die 6 Treppen hinauf in den angemieteten Saal sollten auf Dauer eine echte sportliche Herausforderung darstellen.
Gleich der nexte Ausflug an die Alterna Stage sollte sich sehr in die Länge ziehen. Sevendust nämlich kamen schlappe 20 Minuten zu spät auf die Bühne. Und das obwohl der Soundcheck längst erfolgreich beendet war. Man stand in der prallen Sonne und dachte daran, dass die meisten hier auf der Bühne das den ganzen Tag lang machen (mussten). Mit schon zu diesem Zeitpunkt klar erkennbaren Folgen. Vielen Festivalisten scheint die Sonnencreme an sich fremd zu sein – dabei vergisst die Haut solch enorme Verbrennungen nicht. Nur: Die Quittung folgt in der Regel erst 20 Jahre später..
Schliesslich endlich fanden Sevendust doch noch auf die Bühne und durften noch knapp 25 Minuten aufspielen. Durchaus nett anzuhören, aber meine Stimmung war irgendwie eingedellt. Stars sollten sich einfach nicht alles erlauben dürfen. Im Nachhinein wurde mir gesteckt, dass die Alternative-Metaller desöfteren grundlos zu spät auf die Bühne kommen – zu viel Guns And Roses verfolgt? Mit einer etwas seltsamen Geste verschwand Sevendust schliesslich, nicht ohne vorher für eine Zeitplanverschiebung auf der Alternastage von ca 10 Minuten gesorgt zu haben.
Es sollte etwas dauern bis ich in den richtigen Rhythmus gefunden hatte, daher lies ich Hollywood Undead und Bring Me The Horizon links liegen und arbeitete lieber erstmal die angelaufenen Daten durch. Am nexten Tag fiel die Entscheidung: Ein Liveblog in gewohnter Weise aufzuziehn war hier nicht möglich. Denn durch die Fotoregelung und die wesentlich weiteren Wege im Vergleich mit anderen Festivals fehlte schlichtweg die Zeit Blogeinträge zu verfassen. Deshalb: Wenn man uns im kommenden Jahr wieder einlädt, braucht es dringend einen arbeitswilligen Wingman an meiner Seite.
In Flames waren die nächste Band, die ich mir auf meiner Fotografieliste dick angestrichen hatte. 19:05 ging es los. Es war noch hell – und trotzdem brannten die Schweden im übertragenen Sinne ein wahres Feuerwerk ab.
Kaum mit der Fotogruppe in den Pressebereich zurückgekehrt, peilte ich erstmals auch die Club Stage an. Wohl wissend, dass mein vorhandenes Equipment für die “Available Light”-Fotografie eher schlecht zu gebrauchen ist, wollte ich dem Ganzen doch zumindest mal eine Chance geben. Und sei es nur um ein paar Einstellungen auszutesten. Versuchsobjekt waren Kraftklub, die durchaus Stimmung zu verbreiten wussten. Das Experiment wurde mit “ganz ok” beendet und so stand ich der Nacht mit Bonaparte relativ positiv gegenüber. Das war übrigens die Band, die ihr in unserem Vorabvoting als “unbedingt zu fotografieren” eingestuft hattet.
Doch zuvor sollte es noch zu der Premiere bei Korn und Disturbed kommen. Beide Bands durfte ich bis dahin noch nicht vor meiner Linse begrüssen. Und beide haben meine musikalische Entwicklung in der Jugend massgeblich mitgeprägt. Ein bisschen Respekt war also dabei, als ich zusammen mit einer mittlerweile formidablen Anzahl von Kollegen den Graben enterte.
Bonaparte und ich hatten bis dato auch noch nicht die Wege gekreuzt. Das multikulturelle Avantgarde-Musik-Projekt hate ich erstmals “live” beim Sendestart von ZDF.kultur in der Glotze erleben dürfen. Dort kamen sie sehr schnell zur Sache. Die Schichten der tierischen Verkleidungen fielen minutenweise von den Akteuren ab. In der Clubstage bei Rock im Park hatten sie für ihre Darbietung wesentlich mehr Zeit – und so blieben mit Tape überklebte Brustwarzen bis zum Ende der Fotografenzeit sittlich verhüllt. Einigen älteren Kollegen war die Show dennoch mehr als suspekt. Sie sind halt polarisierende Exoten, die Bonapartes..
Generell betrat ich die Centerstage an diesem Wochenende kaum – weil Zeit schlicht knapp war und meine Fotoerlaubnis sich auf Alterna und Clubstage beschränkte. Lediglich für System Of A Down gönnte ich mir eine Auszeit von der Sauna alias Pressebereich. Auch bekam ich über die Tage sehr wenig vom Festival an sich mit. Das soll nun kein Mitleid erwecken. Es war ok so wie es war. Nur war es anfangs eben ungewohnt – anders als sonst üblich.
Coldplay fanden also komplett ohne mich statt. Man hört aber die Show soll wirklich exorbitant gut gewesen sein. Warja auch teuer genug die Band zu verpflichten.
Mein Höhepunkt des Freitags war neben Bonaparte und Korn ganz klar Rob Zombie, das Late Night Special auf der Alterna. Die Kamera spielte mit, die sich bietenden Motive waren einfach toll, die Musik tat ihr übriges.
Nachdem ich meine Ausrüstung für die Nacht im Presseraum verstaut hatte, zog es mich natürlich zu Rob Zombie zurück – bis dieser die Besucher schliesslich schlafen schickte.
Auf dem Centerstage Camping ging es sehr Gemach zu. Die Nachbarn gaben aufeinander acht, die Stimmung war entspannt. Herumfliegender Müll wurde so gut es eben ging vermieden. Kurzum: Man konnte es dort gut aushalten und kam definitiv eher mit den Leuten ins Gespräch als auf einem der “Gratiscampingplätze”. Nächstes Jahr wird sicher wieder ein CS Camping Ticket besorgt.
Samstag stand ich gleich mit der ersten Band vor der Alterna. Der mir kaum bekannte Ozark Henry mühte sich in brütender Hitze nach Kräften, hätte aber ohne Probleme jeden seinen Zuhörer per Handschlag begrüssen können. Auf den RTL-Serienschauspieler Tom Beck -oder auch den deutschen Dr House- verzichtete man bereitwillig. War jemand da? Wie war er denn? Erst zu Funeral for a Friend trat ich wieder an. Erstmals zeigten sich am Himmel so eine Art Wolken, die sich innerhalb kürzester Zeit abdunkeln sollten.
Pünktlich zum Start von Funeral For a Friend fielen die ersten Regentropfen seit Mittwoch Nachmittag auf das Gelände. Sie liessen die Fotografen Reissaus nehmen, sorgten beim Festivalvolk aber für eine dringend benötigte Abkühlung. Die Feuerwehr nämlich war vor den Wellenbrechern nicht mit Schläuchen unterwegs. Statt dessen versuchte man die Gemüter mit in Plastikbechern ausgegebenem Wasser abzukühlen. Auf meine Frage nach dem Warum hatte der Securitychef überzeugende Argumente parat: Zum einen wird der Grabenbereich zu glitschigrutschig durch die Verwendung von Schläuchen – was die Arbeit der Securities ab Spätnachmittag nachhaltig erschwert hätte. Ausserdem würden die abtrocknenden Festivalisten eine so schwül dampfige Atmosphäre schaffen, dass der Vorteil Abkühlung schnell durch die Gefahr des Kollapses neutralisiert werden würde.
Der Regen verschwand so schnell wie er gekommen war. Binnen 45 Minuten war das Szenario von vorher wieder hergestellt. Die sengende Sonne trocknete den Platz innerhalb eines Augenblicks und bis zum nexten Regen sollte man bis in den späten Sonntag Abend warten müssen. Dann kam er aber nicht so halbgar daher.
Nach etwa eineinhalb Songs war wegen des einsetzenden Regens die Fotosession mit Funeral For A Friend beendet und es ging im Trab zurück in die Höhen der Clubstage. Zum Trocknen, dachte ich mir, wäre es ein gute Idee sofort wieder hinunter in die umfunktionierte Eishalle zu pilgern, wo in wenigen Minuten Black Spiders aufspielen sollten. In der schwül-heissen Atmosphäre der Clubstage trockneten die Klamotten tatsächlich sehr schnell ab. Und die Fotos nahm ich natürlich auch dankend mit.
(wird fortgesetzt)