So war’s: Dropkick Murphys und Frank Turner in Leipzig

“The boys are back and they’re looking for trouble.” Es ist die erste Zeile des neuen Albums der Bostoner Folk-Punker Dropkick Murpyhs. Und kaum eine andere Zeile könnte die Zustände eines Konzerts der Murphys besser darstellen als diese. Ein Abend voller Tätowierungen, Krach – und nicht zuletzt auch hektoliterweise Bier.

Schon vor dem Konzert ist klar: Hier geht es heute richtig rund. Nietengürteltragende Jung-Punker vermischen sich mit grünhaarigen alten Haudegen der Szene. Das Publikum ist heterogen – nur die alkoholgeschwängerte Euphorie und die omnipräsenten “Let’s go, Murphys”-Sprechchöre scheinen sie zu verbinden.

Der Abend wird eröffnet von Cryssis, einer international zusammengewürfelten Band, deren Mitglieder sich teilweise schon seit über 30 Jahren kennen. Aber Moment: Den Drummer kennt man doch. Ja, es handelt sich um Vom Ritchie, seines Zeichens Taktgeber bei den Toten Hosen. Das scheint die meisten Leipziger an diesem Abend jedoch nicht zu interessieren. Die Aufmerksamkeit, die Cryssis genießt, hält sich in engen Grenzen. Das Gros des Publikums konzentriert sich darauf, die Stimme mit hopfenhaltigen Kaltgetränken für die kommenden kraftzehrenden Stunden zu ölen.

Ganz anders stellt sich die Situation bei Frank Turner dar. Mit seiner Begleitband, den Sleeping Souls, im Rücken setzt er auf ein energiegeladenes Set, das im Grunde nur schnelle Songs beinhaltet. Die Band zeigt sich wie gewohnt spielfreudig und so ist es kein Wunder, dass die Menge bereits zu diesem Zeitpunkt gut mitgeht. Als Mr. Turner bei “Four Simple Words”, einem ersten Vorgeschmack auf das bald erscheinende neue Album “Tape Deck Heart”, schließlich das erste Mal eindringlich zum Tanz bittet, brechen im Haus Auensee erstmals alle Dämme. Und spätestens bei “I still believe”, dem letzten Song des Abends und einer Hymne auf den Rock ‘n Roll, dürfte Frank Turner auch die letzten Zweifler überzeugt und einige neue Fans gewonnen haben.

Doch all das Vorgeplänkel ist vergessen als der Headliner des Abends, die Dropkick Murphys, nach minutenlangen “Let’s go, Murphys”- Gesängen pünktlich um 22 Uhr die Bühne des Haus Auensees betreten. “The boys are back and they’re looking for trouble”. Die Zeilen des ersten Songs der Murphys sprechen Bände. Denn schon mit den ersten Tönen brechen alle Dämme und im überwiegend männlichen Publikum geht es richtig zur Sache. Sing-Alongs, Crowdsurfer, Circle Pits – all die schönen Dinge, die bei einem Punk-Konzert zum guten Ton gehören, kann der geneigte Fan heute erleben.
Und auch Frontmann Al Barr legt gut los. Dass er vor wenigen Tagen noch an einer Grippe gelitten haben soll, ist schwer zu glauben, wenn man sieht, wie energisch er das Publikum immer wieder anheizt und dabei weder Körperkontakt noch die deutsche Sprache scheut.

Es gibt ja böse Zungen (Redaktionswunderling Steffen Neumeister!), die behaupten, die Murpyhs würden ein gesamtes Konzert mit ein und dem selben Song füllen. Ich sage: die Band hat einen hohen Wiedererkennungswert. Und auch an diesem Abend zeigt sich die Band spielfreudig und gibt ein rundes Set zum Besten, das von neuen Songs wie “Rose Tattoo” oder “Jimmy Collins’ Wake” bis hin zu alten Perlen wie “Citizen C.I.A.” reicht und somit wenige Wünsche offen lässt. Auch “I’m shipping up to Boston” – für die Dropkick Murphys wohl das, was für Oasis “Wonderwall” oder Radiohead “Creep” ist – wird mit einer Inbrunst vorgetragen, als würde der Song heute Livepremiere feiern.

Einzig das Ende mit dem obligatorischen AC/DC-Cover (“Dirty Deeds Done Dirt Cheap”)  erscheint etwas unpassend. Das Leipziger Publikum lässt sich davon an diesem Montag Abend die Stimmung aber nicht vermiesen und gibt auch zum Abschluss nochmal alles.

Achtzig Minuten volle Breitseite Irish Folk Punk. Was bleibt ist die Erkenntnis, dass die Dropkick Murphys auch nach inzwischen 17 Bandjahren immer noch für einen unterhaltsamen Abend gut sind. Und von dieser Erkenntnis getrieben dürften auch nach dem Konzert noch einige Biere die ausgetrockneten Kehlen der Fans hinuntergeflossen sein – und damit die schmerzenden Knochen und blauen Flecken zumindest zeitweise in Vergessenheit geraten lassen.

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Sven Morgenstern