So war’s: Bilderbuch in Berlin

Bilderbuch, keine Band steht zur Zeit mehr in Rampenlicht der deutschsprachigen Musikszene als sie. Ihr neues Album Schick Schock erschien vor wenigen Tagen. Heute stellten sie es live in Berlin vor.

Wenn die halbe Berliner Musikprominenz im Publikum eines Konzertes zu finden ist, dann kann man sich sicher sein, dass das Wort Hype bei der Band die da auf der Bühne steht ganz groß geschrieben wird. Bilderbuch, die Senkrechtstarter aus Wien sind aber gar nicht so unbeschrieben wie es einige vielleicht vermuten. Klar, Maschin, der Überhit, spülte die Band ins Aufnahmespektrum der breiten Masse, doch ganze zwei Alben gingen dem ganzen vorraus.

Es ist das größte Einzelkonzert in ihrer Karriere, heute Abend im Berliner Astra vor 1500 Zuschauern, so sagt es Sänger Maurice. Doch von Aufregung keine Spur. Selbstbewusst, selbstverliebt und trotzdem sympathisch, so gibt sich die Band und ihre Fans lieben es.

Auffällig ist der fantastische, neue Livesound den sich die Band für diese Tour angeeignet hat. Zuletzt hatte sich dieser immer mehr dem neuen Album angepasst, welches teilweise absurd überladen und schrill produziert ist. Offensichtlich Absicht, klar, doch zerstörte grade das viele der neuen Songs gewaltig. Auch live versuchte die Band diesen Sound umzusetzen und konnte so leider nie wirklich Druck hinter ihre Auftritte bringen. Glücklicherweise haben sie eingesehen, dass eine normal verzerrte Gitarre und ein Schepperndes Schlagzeug um einiges besser klingen als durch Autotune gedrückte Soli und Computersounds. Und so fügen sich alte und neue Songs am heutigen Abend perfekt in ein homogenes Klangbild ein. Druck und Intensität ist das eine. Bühnenpräsenz das andere. Und das bieten Bilderbuch heute beides.

"Du bist hinter meinem Hintern her!" - Bilderbuch in Berlin | Alle Fotos: Steffen Neumeister
“Du bist hinter meinem Hintern her!” – Bilderbuch in Berlin | Alle Fotos: Steffen Neumeister

„Du bist hinter meinem Hintern her.“ heißt es im Albumtitel gebenden Song Schick Schock. Passend zu dieser Zeile streckt Sänger Maurice sein Hinterteil in Richtung Publikum, welches das ganze mit einem Kreischen quittiert. Ob man das ernst nehmen sollte? Bei einigen Fans vielleicht, andere machen sich aber auch einfach nur einen Spaß aus Aktionen wie diesen. Bilderbuch orientieren sich mit ihrer Show nicht an irgendwelchen Vorbildern. Das ist auffällig und das ist gut. Da steht der Sänger halt mit Turnschuhen und Jogginghose aus (feinster) Ballonseide auf der Bühne. Na und? Rockstar ist man hier wenn nur aus Ironiegründen.

Setlisttechnisch bleibt die Band heute Abend definitiv auf der sicheren Seite. Viel vom neuen Album und die Hits der Vergangenheit. Ist vielleicht nicht die kreativste Songauswahl, jedoch die, die für die meiste Stimmung sorgt. Wenn man eine 1500er Location die komplette erste Strophe seines größten Hits alleine singen lassen kann, dann ist der Abend ein Selbstläufer. Und wenn man mit Kopf Ab, einer Bloc Partyesken Single vom Debutalbum die ganzen Indie-Kiddies zum Pogen bringt, dann hat man sich sein Feierabendbier redlich verdient.

Ein Abend zum Niederknien und die Antwort auf die Kritiker, die behaupten, dass Bilderbuch den Indierock zerstören. Indie stand immer für Innovation. Bilderbuch sind innovativ und erfolgreich. Sie haben sich aus der grauen Indiepampe rausgespielt, weil sie eben etwas bunter als alle anderen sind. Wer der Band hier Verrat der Szene vorwerfen will, der hat die Szene nicht verstanden.

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Steffen Neumeister