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Albumcheck: Donots – Karacho

23. Februar 2015

Drei Jahre nach Wake The Dogs gibt es endlich was Neues von den Donots. Seit einigen Tagen steht mit Karacho deren 10. Studio-Album im Regal der Plattenläden und in den gängigen Downloadplattformen bereit. Ein Grund für Festivalisten, das erste deutschsprachige Album der Ibbenbürener zu hören und eine erste Einschätzung zu geben.

Schon bei den letzten Live-Konzerten wurde deutlich, dass sich bei den Donots irgendetwas im Umbruch befindet. War die Band früher dafür bekannt, das Publikum eher behutsam an ihre Musik heranzuführen, so gibt es inzwischen bereits in den ersten Takten „voll auf die Ohren“. Während Frontmann Ingo in der Vergangenheit zunächst eher abwartend reagierte, um dann in den entscheidenden Momenten das Publikum mitzunehmen, lädt er inzwischen vom ersten Song an vehement dazu ein, sich durch Mitsingen oder aber auch „Gebärdensprache“ aktiv an der Veranstaltung zu beteiligen. Die politischen Statements werden nicht mehr punktuell gesetzt, sondern tauchen immer wieder und immer akzentuierter auf. Um es kurz zu sagen: Die Donots scheinen sich in Richtung eines immer größer werdenden „Karachos“ zu entwickeln.

Ingo Knollmann von den Donots beim Southside 2014, Foto: Thomas Peter
Ingo Knollmann von den Donots beim Southside 2014, Foto: Thomas Peter

Sachlogisch richtig ist dann auch der Titel des neuen Albums. Wer hier mainstreamverdächtige Songs von der Art von Stop The Clocks erwartet hat, wird sicherlich enttäuscht sein. Mit Ausnahme von Cut 13 (Immer noch) und Cut 14 (Hansaring 2.10Uhr) geht es in jedem Song musikalisch gesehen absolut in die Vollen. Ein in fast allen Stücken nur nach vorne treibendes Schlagzeug, mit verschiedenen Effekten versehene Heavy-Gitarrenriffs und einfache, für die Band recht typische aber absolut wirksame Solopassagen lassen eine gewisse aggressive Atmosphäre entstehen, eine Atmosphäre, die die erstmals in deutsch gesungenen Texte in ihrer Aussage noch sehr viel klarer machen.

Inhaltlich gesehen geht es in vielen der Songs um die Entwicklung einer verantworteten Individualität. Dabei ist immer wieder herauszuhören, dass es eben auch die eigene Akzeptanz der subjektiv als negativ empfundenen Charakterzüge ist, die ein Individuum ausmachen. Beispielsweise heißt es in dem Song Problem kein Problem ganz lapidar: „Ich hab kein Problem, ich bin das Problem“. Die Aufforderung, auch in beschissenen Situationen nicht resignativ aufzugeben, greift der Song Weiter auf. Zentrale Ausssage: „Ich renne bergauf, weiter, weil´s weitergehen muss.“ In Straßenköter heißt es schließlich: „Ich bin nicht stolz auf meine Fehler, aber dankbar für jeden.“

Wieder einmal eindeutig positionieren sich die Donots im Hinblick auf ihre politische Aussage. Dann ohne mich ist ein eindeutiges „Nein“ gegen rechts, besonders auch gegen „kaschiertes Rechtstum“ in Form jeglicher „–idas“. Klare Aussage: „Kein Mensch ist illegal“. Im ersten Song der CD, Ich mach nicht mehr mit, wendet sich die Gruppe gegen Konsumstrukturen, die eine an Kapitalismus orientierte Gesellschaft hervorbringt. Die Grundfrage hier: Was braucht der Mensch eigentlich zum und fürs Leben?

Guido Donot beim Open Flair, Bild: Steffen Neumeister
Guido Donot beim Open Flair, Bild: Steffen Neumeister

Vollkommen aus dem Rahmen des Albums fallen die Songs Immer noch und Hansaring 2.10 Uhr. Während im ersteren schnell die Assoziation entstehen kann, dass sich hier ein Produkt von Truck-Stop oder aber der legendären Shadows verlaufen haben muss, ist der letztere, nur mit Akustikgitarre begleitet, sicherlich eine Liebeserklärung an die Wahlheimat der Band, an die Uni-Stadt Münster. Viele Studenten, die hier wohnen und vor allen Dingen hier leben, werden sich in diesem Song bzw. dessen Aussage wiederfinden können.

Ach so: Für alle die Fans, die befürchten, dass sich die Donots mit ihrem Neuling vielleicht doch zu weit von sich selbst entfernt haben könnten. Auch auf diesem Silberling gibt es ausreichend Passagen, die absolut „gröhltauglich“ sind. Neben den bekannten und melodiös einfach gehaltenen, „Ohooooo- und Ähääää-Zeilen“ tauchen in den Texten natürlich auch genügend Kurzaussagen auf, die „publikums-chor-tauglich“ sind. Typisch Donots eben!

Fazit: Karacho zeigt ganz eindeutig, dass die Donots selbst nach 21 Jahren Bühnenpräsenz noch immer zu neuen Entwicklungsstufen fähig sind. Nicht nur die Deutschsprachigkeit überrascht im Zusammenhang mit den Ibenbürenern. Ihre Musik scheint insgesamt härter zu werden, was aber wiederum recht gut zu den Aussagen der jeweiligen Texte passt. Was da geboten wird, geht wirklich mit „Karacho“ auf und in die Ohren und……bleibt lange drin. Festvalisten meint: Hören lohnt sich!

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Roman Groß