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Christoph Wittenberg im Gespräch übers Area4 und seine Bühnen: “4-Master in den am Ende 2500 Leute reinpassen”

Thomas Peter

Festivalfficionado, Fotodude

Neurobiologe, Festivalliebhaber. Verdient seine Brötchen mit Webseitenkonsulting (Strategische Planung, Erstellung, Pflege) bei 70six.de.

Die etwas überraschende Wiedereinführung einer 2.Bühne am Area4 liess bislang einige Fragen offen. Christoph Wittenberg vom lokalen Veranstalter Konzertbüro Schoneberg nimmt sich Zeit und derer im Gespräch mit uns an. Man erfährt unter anderem, wie die neue Attraktion überhaupt möglich wurde und kann erahnen wie so ein Tag auf der Nebenbühne aussehen wird.

Darüber hinaus geht Christoph offen(siv) auf ein paar weitere Themen ein, die jeden Area4-Freund brennend interessieren dürften. Booking und Green Camping-Zonen werden beispielweise angerissen.

 

Jetzt ist es also raus. Das Area4 bekommt nach 2008 wieder eine 2.Bühne. Damals trat Coca-Cola ans Sponsor auf und brachte halbtags die Soundwave Discovery Tour mit. Konnte man einen neuen Finanzierer gewinnen oder bezahlt ihr die Bühne selbst?

avatar_area4Nee, das müssen wir selber ran. Ich will zwar nicht ausschließen, dass es irgendwann mal einen Kooperationspartner für diese Bühne gibt, aber aktuell gibt es kein konkretes Sponsoring.

Handelt es sich wie damals um eine Zeltbühne? Wo werdet ihr sie aufstellen?

avatar_area4Ja, es wird wieder eine Zeltbühne. Vermutlich ein “4-Master” in den am Ende um die 2500 Leute reinpassen. Dieses Zelt wird dann im Anschluss an das Bühnenprogramm auch als Diskozelt genutzt werden. Der Standort wird also ungefähr dort liegen, wo in den letzten Jahren das Diskozelt beheimatet war.

Erst diese Parallelnutzung macht die 2.Bühne für uns möglich. Kostentechnisch ist eine zweite Bühne mit Technik, Security und natürlich Bands nämlich immer noch ein enormer Aufwand.

Werden Haupt- und Nebenbühne im Wechsel, überschneidungsfrei bespielt?

avatar_area4Überschneidungen lassen sich nicht ausschliessen, wenn man beide Bühnen effektiv bespielen will. Wir reden dann aber oft nur von 10-20 min paralleler Beschallung. die kurzen Wege bleiben ja erhalten, so dass jeder Besucher auch kurzfristig die Bühnen wechseln kann.

Du sprichst von kurzen Wegen und gleichzeitiger Beschallung beider Bühnen. Muss man da mit Störfeuer der Bühnen gegeneinander rechnen oder wird die Zeltwand da als Isolator wirken?

avatar_area4Soundtechnische Überschneidungen lassen sich nicht komplett vermeiden, aber wir versuchen natürlich immer gut die Umbaupausen der Hauptbühne zu treffen.

Das klappt tagsüber gut, weil Umbaupausen und Setlängen ähnlich sind. Richtung Abend wird das natürlich schwieriger, weil die Bands am Abend auf beiden Bühnen längere Spielzeit bekommen werden.

Eine Zeltwand ist nicht gerade ein effektiver Schallschutz. Aber die Anlagen sind potent. Jeder wird schon die Bühne hören können vor der er/sie sich befindet.

Foto: Thomas Peter

Im Area4-Forum wurde Besorgnis geäussert, man werde wegen Bühne 2 auf gemütliche Liegeflächen im Hintergrund des Bühnenareals verzichten müssen. Da braucht man sich aber keine ernsthaften Gedanken drüber machen oder?

avatar_area4Der Standort der Zeltbühne ist ja der vom Diskozelt 2010. Das mögen jetzt vielleicht ein paar m² mehr sein, die wir benötigen, aber die Grundaufteilung bleibt wie im letzten jahr.
Natürlich wird man dann vielleicht hinten mehr von der kleinen Bühne hören, wo sonst tagsüber die “Stillle” des Diskozeltes zu geniessen war.

Wie viele Bands kann man in etwa pro Tag auf der Nebenbühne erwarten? Und wird sie unter ein “Motto” gestellt? Sprich: Wird man dort Newcomer präsentieren oder eine spezielle Stilrichtung?

avatar_area4Beide Bühnen werden voll bespielt. Also 7-10 Bands pro Tag und Bühne.

Motto für Freitag ist: Es hätt noch immer jot jejange – kölsches Liedgut für jedermann, Samstag: Kannibale sein und trotzdem vegan leben – geht das? und Sonntag: Viva Mexico – Rock unterm Zombrero.

Nee, quatsch, keine Mottos. Wir versuchen da thematisch schöne Pakete zu bilden, die einen schönen Kontrast zur jeweils anderen Bühne bieten: Gitarrenbrett auf der Hauptbühne – Indiegeschrammel im Zelt – und umgekehrt. Die “Bandgröße” ist da nicht wichtig. Jede Band will natürlich einen schönen Slot. Und selbst wenn zwei Gruppen auf Tour vielleicht die gleichen Läden füllen, ist die eine vielleicht mit dem Mittagsslot auf der Hauptbühne happy, die andere will lieber abends ins Zelt.

Nicht alle Slots und Spieltage sind von uns frei wählbar, so dass es natürlich auch mal sein kann, dass es nicht immer zu perfekten Blöcken kommt. Aber wir geben uns Mühe. Und nochmals: Zwischen den Bühnen gibt es eine Fussweg, der selbst besoffen in 5min geschafft werden kann.

Wird sich das Area4 mit dieser zweiten Bühne genretechnisch weiter öffnen? Weil Du “Indiegeschrammel” erwähntest?

avatar_area4Nein, wir bleiben schon im “Segment”. In diesem Jahr sind halt einige, schöne Indie-Kapellen verfügbar, um die es schade wäre, wenn man sie gar nicht berücksichtigen könnte. Das ist aber eine “saisonale” Schwankung und keine erzwungene Genre-Erweiterung. Mal sind (zumindest) bei den großen Namen gefühlt mehr Punk, Metal oder halt Indie-bands zu finden. Im großen und ganzen wollen wir die Ausrichtunng nicht ändern.

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Was entgegnest Du Kritikern, die “teurere” Bands auf der Hauptbühne einer weiteren Bühne vorgezogen hätten?

avatar_area4Man darf immer kritisieren, aber es kann halt auch nicht immer abgestimmt werden, was wem gefällt und was nicht. Die verfügbaren Bands, die zu uns passen und auch noch sinnvoll finanzierbar erscheinen, sind in diesem Jahr deutlich weniger vorhanden als z.b. im letzten Jahr. Und wo wir im letzten Jahr bei den Queens Of The Stoneage auch mal Glück hatten, dass die Band zwischen den vielen Festivals an unserem Wochenende genau noch den Tag übrig hat, der bei uns reinpasst, hatten wir in diesem Jahr manchmal leider auch das Nachsehen.

Unabhängig von der diesjährigen Situation ist man aus meiner Sicht aber eh immer schlecht beraten, wenn man nur auf die großen drei Namen schaut – egal bei welchem Festival.

Natürlich ist uns klar, dass diese Namen überall immer oben stehen und schon eine wichtige Kontur vorgeben aber was hilfst, wenn oben Rammstein stehen und der restliche Festivaletat dann noch für Kapellen mit Stadtfestniveau reicht.

Die Vorgaben für uns sind da relativ klar, da wir unsere Kapazität nicht nach Belieben aufstocken können. Wir haben also eine maximale Einnahme und ein paar Sponsorengelder, die wir auf Produktion und Bands verteilen können.

Und da die Geldvorstellungen der Bands sich von Jahr zu Jahr eher nach oben entwickeln, wir aber so gut es eben geht die Preise stabil halten wollen, wird es jedes Jahr auch aufs neue ein Abwägen geben, welche Band jetzt noch sinnvoll und lohnenswert erscheint und welche nicht.

Glaubt mir, dass sind oft Entscheidungen wo der Kopf sich über das Herz hinwegsetzen muss. Meine persönliche Meinung: Wenn ich sehe, dass es da selbsternannte Headkandidaten gibt, mit deren Gagenvorstellung ich die gesamte zweite Bühne bezahlen kann, wüsste ich immer wofür ich mich entscheide.

Das glaub ich Dir gerne. Nochmal zu was ganz anderem: Southside/Hurricane haben das am Chiemsee Reggae getestete Green Camping-Konzept übernommen. Wird man auch am Area4 einen grüneren/ruhigeren Campingplatz anbieten?

avatar_area4Ja, daran wird auch mit Hochdruck gearbeitet. Die Versuche beim Chiemsee Reggae waren sehr erfolgreich. Jetzt wird von Seiten FKP Scorpios für jedes Festival geprüft, welche Teile des Gesamtkonzeptes vor Ort auch immer umgesetzt werden können. Ich bin in dem Fall sogar ganz froh, dass Hurricane/Southside in diesem Fall “Testballon in groß ist”. Ich gehe davon aus, dass es auch bei uns angeboten wird – Details müssen noch bearbeitet werden. Hier geht es vor allem um die Bedürfnisse der Festivalbesucher. Persönlich hätte ich kein Problem, wenn es auf meinen Zeltplatz laut ist, so lange ich nicht nach dem aufwachen in 3m³ Texas Feuerzauber treten muss…

Danke Christoph für Deine Zeit und die vielen, klärenden Hintergrundinformationen. Wir wünschen Dir und den Deinigen weiter viel Erfolg bei der Planung für den Sommer 2011.

 

Und so wars 2010 auf Borkenberge:

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