Größer, exklusiver und spektakulärer. Die großen Festivals versuchen sich mittlerweile immer weiter zu übertrumpfen. Doch die Headliner von heute waren auch mal klein. Line-Up Kuriositäten aus heutiger Sicht am Fallbeispiel des Hurricane Festivals.
Wir schreiben das Jahr 1999, Massive Attack und Marilyn Manson headlinen das Hurricane Festival. Relativ unspektakulär aus heutiger Sicht, wären da nicht die kleinen Namen bei denen heute jede Kinnlade runterklappen würde. Samstags, 12:45, Zeltbühne: Muse. Heute Fußballstadien füllend, damals noch mit 45 Minuten Spielzeit zum Katerfrühstück. Klar, jede Band fängt klein an, jedoch immer wieder amüsant sich Line-Ups vergangener Zeiten anzusehen, welche heutzutage bei gleichen Namen unbezahlbar wären. Ebenfalls 1999 mit von der Partie: Placebo und Blur. Zugegeben: Blur waren auch damals schon Co-Headliner vor Massive Attack, aber Placebo, welche im kommenden Herbst Hallen wie die Lanxess Arena in Köln oder die O2 World in Berlin bespielen, versauerten damals noch im undankbaren Nachmittagsprogramm. Zwei Jahre später, bei der 2001er Ausgabe des Hurricanes war es dann aber schon Zeit für die erste Placebo-Headlinershow.
Zeitsprung. 1997, vor 16 Jahren. Eine Combo, nach der sich die Musikwelt zur Zeit wie für keine zweite streckt. Eine Band, deren Gagen mittlerweile im siebenstelligen Bereichen gehandelt werden und die trotzdem keine Anstalten macht, sich irgendwo mal live blicken zu lassen. Damals waren sie Headliner der kleinen Zeltbühne. Daft Punk. Das französische DJ-Duo hatte zu diesem Zeitpunkt grade sein, aus heutiger Sicht revolutionäres, Debutalbum auf den Markt geschmissen. Ein “Homework”-Set, beziehungsweise überhaupt mal wieder eine Liveshow, würde heutzutage wohl ganze Stadien füllen.
2002 stand im Zeichen der deutschen Bands. Beatsteaks, Sportfreunde Stiller, Fettes Brot, Die Ärzte. Doch Headliner war keiner von ihnen. Kuriose Konstellation Freitags auf der Mainstage: Nelly Furtado und No Doubt direkt hintereinander. Heutzutage wohl eher bei Veranstaltungen wie The Dome zu sehen.
2003 dann das Jahr der Überheadliner. Zum ersten mal dreitägig, leistet sich das Hurricane Coldplay, Massive Attack (mit Björk als co-Head!) und Radiohead als Headlinergespann. Namen die heute höchstens noch das Glastonbury auffahren könnte. Co-Head vor Coldplay übrigens: Die Guano Apes. Auch ein Fakt, der heute eher Gelächter als Begeisterungsstürme hervorruft.
Die Stunde der zweiten Bühne, mittlerweile kein Zelt mehr, schlägt 2004. Folgende Namen haben es in diesem Jahr NICHT auf die Hauptbühne geschafft: Billy Talent, Mando Diao, Dropkick Murphys, Beatsteaks und Sportfreunde Stiller. Headliner der Mainstage in diesem Jahr: David Bowie (!), The Cure und Die Fantastischen Vier.
Headlinertrio 2005: Rammstein, System Of A Down und Die Ärzte. Auf die zweite Bühne verfrachtet: Oasis!
Alles nachfolgende ist wohl noch zu nah, als dass der Verwunderungseffekt auftreten könnte. Jedoch zeigt der Blick in die Vergangenheit, dass auch heute völlig surreal groß wirkende Bands wie Daft Punk irgendwo mal angefangen haben müssen. Dieser Artikel soll kein “früher war alles besser”-Manifest der Festivalwelt sein. Viel mehr ist er ein Ausdruck von der schmalen Grenze zwischen Beständigkeit und Vergänglichkeit im Musikbusiness. Wer weiß, vielleicht lachen wir in 10 Jahren ja über den Slot von Frank Turner, der dann im Jahre 2023 das Londoner Wembleystadion füllt oder werden uns fragend “Macklewer?” beim Blick auf das 2013er Plakat denken.