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Erster Very Special Guest Slot bei Rock im Park und Rock am Ring geht an Knocked Loose

31. Mai 2025

Die Überraschung ist perfekt

Es ist offiziell: Knocked Loose übernehmen freitags bei Rock am Ring (16:30-17:20 Uhr) und sonntags bei Rock im Park (14:15-15:00 Uhr) jeweils den dritten Very Special Guest Slot. Die Spekulation, dass diese besonderen Plätze deutschen Acts vorbehalten wären, hat sich damit spektakulär zerschlagen.

Zugegeben: Bis gestern war mir die Band völlig unbekannt – was auch daran liegt, dass Knocked Loose auf deutschen Festivals bisher ein weitgehend unbeschriebenes Blatt waren. Doch wer sich ihre Songs anhört, versteht schnell, warum sie 2025 die Hauptbühnen entern: brachial, authentisch, kompromisslos. Genau die Adjektive, die man braucht, wenn man Festival-Dinosaurier aus ihrer Komfortzone reißen will.

Festivals in der Midlife-Crisis

Das Booking ist ein kalkulierter Befreiungsschlag. Rock am Ring und Rock im Park kämpfen seit Jahren gegen ihr Image als “Ü30-Nostalgie-Veranstaltung” – ein Ort, wo junge bis mittelalte Väter ihren Kindern von den guten alten Zeiten erzählen, während die Kinder heimlich auf TikTok scrollen. Knocked Loose funktionieren hier als musikalischer Defibrillator: Eine Band, die garantiert keine Radio-Singles hat, aber dafür den Instagram-Feed der Gen Z dominiert. Der verzweifelte Versuch, Relevanz durch kontrollierte Eskalation zu erkaufen, scheint aufzugehen.

Vom Kleinstadt-Chaos zum Grammy-Glanz

Der Weg hierher war alles andere als vorgezeichnet. 2013 in Oldham County, Kentucky gegründet, starteten Bryan Garris und Co. wie jede andere Kleinstadt-Hardcore-Band: niedrige Decken, niedrige Erwartungen. Doch schon ihr Debütalbum “Laugh Tracks” (2016) zeigte, dass hier mehr brodelte als nur jugendliche Wut. Songs wie “Counting Worms” wurden zu Anthems einer Generation, die keinen Bock mehr auf Nostalgie hatte.

Was folgte, war eine bemerkenswerte Evolution: Während andere Bands mit wachsendem Erfolg weicher wurden, legte Knocked Loose mit jedem Release nach. “A Different Shade of Blue” (2019) klang brutaler als alles zuvor, die Pandemie-EP “A Tear in the Fabric of Life” kam mit verstörendem Kurzfilm. Keine Kompromisse, keine Clean-Vocals, keine Radio-Singles – nur pure, ungefilterte Aggression.

Der Poppy-Effekt und die doppelte Explosion

2024 dann die Explosion: “You Won’t Go Before You’re Supposed To” katapultierte sie endgültig aus dem Underground. Die Kollaboration mit Poppy auf “Suffocate” – ein Geniestreich, der Genre-Grenzen pulverisierte und prompt eine Grammy-Nominierung für “Best Metal Performance” einbrachte. Von 200 Leuten in Kellershows zu Late-Night-TV und Festival-Hauptbühnen, ohne sich auch nur einen Millimeter zu verbiegen.

Der Clou: Poppy spielt nicht nur freitags bei Rock am Ring, sondern auch sonntags bei Rock im Park. Die Festival-Macher haben hier nicht nur zwei Acts gebucht, sondern gleich zwei potenzielle virale Momente vorprogrammiert. Ein Live-Feature von “Suffocate” an beiden Standorten? Das wäre der perfekte Köder für die TikTok-Generation und ein garantierter Social-Media-Overkill.

Die neue Festival-Strategie: Jung, brutal, ehrlich

Die Message ist klar: Rock am Ring und Rock im Park wollen 2025 nicht mehr eure Väter-Festivals sein. Knocked Loose sind dabei mehr als nur ein Act – sie sind das Symbol für eine Verjüngungskur mit dem Vorschlaghammer. Ob das Experiment gelingt? Spätestens wenn der erste Circlepit die Bierstand-Schlange der Ü40-Fraktion erreicht, werden wir es wissen. Mit Poppy im Doppelpack haben sie jedenfalls alle Trümpfe in der Hand.

Wenn es nach mir geht, jedenfalls gerne mehr solch nette Überraschungen für dei beiden offenen VSG-Slots.

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Thomas Peter

ein diplomierter Biologe mit starkem Hang zu Fotokamera und der besonderen Festivalatmosphäre.