Ohne sie wären Konzerte und Festivals nicht sicher. Festivalisten.de hat sich den 42-Jährigen Slaven Zubak, Abteilungsleiter bei Uneed GmbH, als Interview-Partner geschnappt. Neben der Sicherheit steht auch die Planung und Durchführung von Festivals und Konzerten in Deutschland, Schweiz und Schweden auf seiner Agenda.
Ein Interview von Roman Groß
Festivalisten: Gibt es Unterschiede zwischen Festival und Konzert-Jobs?
Slaven Zubak: Grundsätzlich kann man hier die Länge des Einsatzes und die Größenordnung anführen. Einzelne Stadionkonzerte ausgenommen, haben wir bei Konzerten doch deutlich weniger Gäste und eine Einsatzdauer, die auf einen Tag begrenzt ist. Zudem ist die Stimmung unter den Gästen bei Festivals deutlich gelöster, da man sich dort oft für mehrere Tage aus seinem normalen Dasein „ausklinkt“ und nicht wie bei Konzerten einen strengeren Rahmen hat. Unsere Arbeit ist natürlich auch anders ausgerichtet, da wir bei mehrtätigen Großveranstaltungen auch Campingplätze, Catering, besondere Verkehrslagen und ein anderes Crowdmanagement beachten müssen. Wobei all das natürlich nur ein grober Anriss ist.
Festivalisten: Wie bereitest du dich auf die Jobs vor?
Slaven Zubak: Hier muss man unterscheiden zwischen mir als Gesamtleiter bzw. Supervisor und einem Ordner. In beiden Fällen muss man sich für die Dauer des Festivals auf Witterungseinflüsse oder die Arbeit in Extremsituationen einstellen. Während sich ein Ordner „nur“ auf 3 bis 4 anstrengende Tage vorbereiten muss, beginnt die Vorbereitung für den Supervisor auf das jeweilige Festival bereits mit der Planung für ein kommendes Jahr. Was funktionierte gut, und was muss geändert werden, etc.? In den Monaten vor dem Festival konkretisiert sich die Planung, und es kommen nicht wenige Gespräche mit dem Veranstalter, den Gastgewerken oder den Behörden dazu. Maßgeblich beteiligt sind dabei die Feuerwehren, Rettungsdienste, die Polizei, die Ordnungsämter oder auch der Katastrophenschutz und die Jugendämter. In beiden Fällen besteht die direkte Vorbereitung dann nach Möglichkeit aus viel Schlaf und gesunder Ernährung, so dass man wirklich frisch, ausgeruht und aufgeweckt den Dienst antritt.
Festivalisten: Wie lange dauert eine Ausbildung zur Security, und was muss man dort lernen?
Slaven Zubak: Im Prinzip ein Leben lang. Das hört sich vielleicht ein wenig übertrieben an, aber die Branche bewegt sich stetig, und neue Erkenntnisse über Großveranstaltungen und das Crowdmanagement kommen dabei auch aus der Forschung. Nicht zuletzt auch dank neuster Technik wie Drohnen oder APPs.
Eine klassische Ausbildung „Veranstaltungssicherheit“ gibt es hier nicht. Vielmehr existieren bestimmte gesetzliche Grundlagen, die stark an das allgemeine Sicherheitsgewerbe angelehnt sind. Eine Sachkundezertifizierung nach §34 der Gewerbeordnung stellt eine gute Grundbildung im Bereich der Jedermannsrechte dar und ist in Teilen der privaten Sicherheit auch vorgeschrieben.
Darüber hinaus gibt es verschiedene Fort- und Weiterbildungen bei den unterschiedlichsten Bildungsträgern und Instituten, wobei klassische Themen z.B. „der Ersthelfer“ oder „die Brandsicherheitswache“ sind. Ich persönlich bin u.a. in den Bereichen Räumungs- und Evakuierungskoordination (BdSI), Crowdmanagement und Event Safety & Security Management (Bucks/IBIT) ausgebildet. Der normale Ordner muss sicherlich nicht hoch geschult sein, aber auch er erlebt immer wieder Massendynamiken, auch wenn es in der Regel nicht unbedingt Unglücksfälle wie bei der Loveparade in Duisburg sind. Ein klassisches Beispiel ist z.B. Regen. In aller Regel reichen wenige Regentropfen um Menschenmassen zu bewegen, da sich die Menschen an irgendwelchen Ständen unterstellen wollen, oder weil Gäste zu ihren Zelten laufen, um Regenjacken zu holen.Vorausschauendes Arbeiten beinhaltet dann schon den Blick zum Himmel, um sich darauf einzustellen, dass sich etwas bewegen könnte.
Festivalisten: Was war das größte Event, auf dem du als Security arbeiten musstest/durftest?
Slaven Zubak: Als Gesamtverantwortlicher des „Hurricane“ war bzw. bin ich mit der Planung, dem Einkauf und der Durchführung betraut, womit die Sicherheit von rund 80.000 Menschen in mein Ressort fällt. Die Liste kann mit dem „Southside“, „Chiemsee Summer“, „Greenfield Festival“, dem „Bravalla“ und vielen anderen beliebig ergänzt werden. Die reine Größe sagt aber nichts über die Anforderung aus. So ist das „Mera-Luna Festival“ mit 25.000 Besuchern keine kleine Veranstaltung, aber trotzdem ist sie mit Abstand eine der ruhigsten die wir durchführen, so dass dort schon eine brennende Mülltonne in den Berichten Erwähnung findet.
Festivalisten: Welche Qualifikationen braucht man, um den Job ausüben zu dürfen?
Slaven Zubak: Wie vorher bereits erwähnt, ist die Sachkundezertifizierung nach §34 GewO im Bereich der Schulung eine Voraussetzung, die u.a. Sicherheitstechnik, Psychologie, Waffensachkunde und sehr viel Gesetzeskunde (STPO, BGB, STGB) beinhaltet. Ein Grundverständnis für Ablaufdynamiken, Crowdmanagement und Massenpsychologie sollte man als Verantwortlicher auch mitbringen.
Ansonsten sollte man einfach Spaß an der Arbeit mit Menschen haben, kommunikativ, körperlich fit und fähig sein und schnell und flexibel schalten können.
Festivalisten: Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus?
Slaven Zubak: Auch hier müssen wir zwischen Konzert und Festival unterscheiden. Auf Konzerten ist das ganze doch recht überschaubar und besteht grundlegend aus der Venuebegehung und einem Meeting mit dem Tourleiter und der Toursecurity. Kernpunkte sind dann Besprechung aller Ablaufdetails: Einsatzleiterbriefing, Teambriefing, Überwachung und Steuerung der Ablaufdynamiken (Einlass, Veranstaltung, Auslass), eventuelle Evakuierungsszenarien und letztlich das Debriefing. Was die Festivals betrifft, würde ich jetzt den Rahmen sprengen. Die Vorbereitung habe ich oben schon angerissen und der Tag auf dem Gelände besteht ganz grob dann darin alle beteiligten Stellen und Personen zusammen zu halten, den Informationsfluss zu koordinieren und sämtlich Wünsche und Notwendigkeiten zusammenzufügen. Von der Anreise der Künstler, deren Sicherheit schon ab dem nächsten Flughafen gewährleistet werden muss, reicht das Spektrum bis zu Gästen, die hyperventilieren. In einer Leitungsposition fallen einem da auch durchaus gewichtige und unpopuläre Entscheidungen zu, wie die Sperrung des gesamten Infields, so wie letztes Jahr beim „Deichbrand-Festival“, als ein Imbissstand brannte.
Festivalisten: Wie nehmt ihr die Bands auf Festivals wahr?
Slaven Zubak: Bands nehmen wir grundsätzlich nur als Faktor unserer Arbeit wahr. Welche Band spielt wann und wo und welche Massendynamiken resultieren daraus? Das heisst, welche Bands spielen wann auf welcher Bühne, und wie bewegt sich die Masse zwischen den Gigs? Welche Band bringt eigene Toursecurities mit, und wer hat welche Sonderwünsche bei der Bewachung von Mensch und Material? Gibt es spezielle Wünsche der Bands, was den Umgang mit Gästen angeht (Crowdsurfer, Fahnen, etc.)? In den seltensten Fällen hat man die Zeit Bands bewusst zu sehen, sondern ertappt sich höchsten dabei, wie man mal bessere Laune hat oder mitwippt.
Wobei wir es uns den Kollegen vor Ort (im Bühnengraben o.ä.) auch wünschen, dass sie auf die Musik eingehen, da gut gelaunte Ordner im Takt der Musik ein Schulterschluss zum Gast sind, und somit die beste Grundlage für eine problemlose Zusammenarbeit darstellen. Übel dreinblickende Ordner halten wir für eine aussterbende Art und wir möchten so was schon lange nicht mehr in unseren Reihen sehen.
Festivalisten: Freut ihr euch, wenn eure Lieblingsbands auf den Festivals spielen, auf denen ihr arbeitet?
Slaven Zubak: Wie oben schon beschrieben, haben wir nicht wirklich viel von den Bands, allerdings sind unsere Lieblingsbands ein Zeichen dafür, dass die Gäste ähnlich ticken, wie wir es privat tun. Daraus ergibt sich ein für uns angenehmeres Arbeiten, da wir eher wissen, wie die Menschen ticken, und vermuten, dass wir die gleiche Sprache sprechen. Das passiert dann auch schon einmal nonverbal und auch die Gäste merken schnell, dass wir keine bzw. nicht nur „Securities“ sind. Berufsbedingt sind Lieblingsbands für uns auch einfach die Bands, denen bewusst ist, wer wo mitwirkt und denen bewusst ist, dass ein jeder vor Ort einfach seiner Arbeit nachgeht, und die den Ordnern nicht durch überhebliches Künstlergehabe das Leben schwer machen. Das ist übrigens bei den Gästen ganz genau so, Gäste, die in einem Ordnungsdienst nicht nur Böswilligkeit vermuten, sondern die sich gleichwohl bewusst sind, dass wir alle Teil der Festivalfamilie sind, Band, Ordner, Gast oder umgekehrt!
Vielen Dank das du dir Zeit genommen hast.