Festivals

Krass: Download Germany abgesagt

Thomas Peter

Festivalfficionado, Fotodude

Neurobiologe, Festivalliebhaber. Verdient seine Brötchen mit Webseitenkonsulting (Strategische Planung, Erstellung, Pflege) bei 70six.de.

Unumstritten hatte das Download Germany ein gutes -wenn auch nicht herausragend zugkräftiges- Rock Lineup. Hatte deshalb, weil es nun, 4 Wochen vor dem Termin, abgesagt wurde. Kartenhalter bleiben enttäuscht zurück, erhalten aber wenigstens ihr Geld wieder.

Bei den Gründen für das Aus bleibt der Veranstalter vage, aber man kann erahnen: Es wurden schlicht zu wenig Karten verkauft. Nun stellt sich die Frage: Warum ist das so?

Wahrscheinlich ist es ein toxisches Gemenge aus sehr spätem VVK-Start, Organisationsmängeln, Inflation, Coronanachwehen, Kostenexplosionen und einer großen Auswahl etablierter Alternativfestivals im Juni. Und was zwar schmerzt, man aber auch in Betracht ziehen muss: Vielleicht ist die Menge von Rock-/Metalfans, die so einem Event zum Erfolg verhelfen kann, doch überschaubarer als die Szene von sich selber glaubt.

Die möglichen Gründe..

Generell scheint der Hockenheimring aber für Festivals kein gutes Pflaster zu sein. Marek Lieberberg Konzerte schafften es nicht, Rock’N’heim zu etablieren. Nach zwei verlustreichen Ausgaben ab 2013 wurde das Festival eingestampft.
Lieberbergs kehrten 8 Jahre später, nun als Chefs von Live Nation Germany, nach Hockenheim zurück. Hier musste doch was auszurichten sein! Ab 2022 wurde das Download Germany angesiedelt und schien auch wegen der Strahlkraft einer einzigen Band erfolgreicher zu sein. Zur eintägig veranstalten Premiere auf einer Doppelbühne mit Headliner Metallica, Sabaton, Five Finger Death Punch und Enter Shikari pilgerten nach Veranstalterangaben etwa 70000 Besucher. Der SWR spricht immerhin von 65000. Dieses Jahr mit Slipknot, Parkway Drive, Disturbed, Volbeat, The Prodigy und Amon Amarth als Zugpferden fiel das Festival wohl bei der Zielgruppe durch.

Rückblickend war das Chaos auch schon vorprogrammiert: Erst Anfang März startete der Vorverkauf. Da hatten viele eingefleischte Festivalisti schon ihren Urlaub geplant bzw. sich für andere Festivals entschieden.
Zudem wissen wir alle: Das Konsumverhalten von Festivalisten hat sich nach Corona geändert. Auch, weil man relativ verlässlich mit Rabattaktionen rechnen kann, die Frühbuchern das Wasser in die Augen treiben, sichern sich Festivalbesucher ihre Karten mittlerweile nicht mehr überwiegend im Early Bird Vorverkauf. Vielmehr greifen sie spontan und oft erst kurz vor dem Festival zu – eine Entwicklung, auf die man wahrscheinlich auch beim Download Germany gehofft hatte. Sie ist wohl ausgeblieben bzw hat nicht ausgereicht, um einen verpassten früheren Onsale auszugleichen.

Nach der Premiere im letzten Jahr hatte es viele negative Kommentare zur Organisation gegeben. Möglicherweise verfuhren deshalb viele, die dort mitfeierten, nach dem Motto: einmal und nicht wieder.
Es dauerte ewig, bis man mal ein Getränk gekauft bzw. das Pfand zurückbekam. Außerdem scheint die Infrastruktur vor Ort, besonders die Beleuchtung eine Katastrophe gewesen zu sein. Beim starken Regen an diesem Tag fühlte man sich auch alleine gelassen. Sowas bleibt im Gedächtnis haften – mehr als so mancher Veranstalter denkt. Wenn so ein großer Name wie Live Nation Entertainment auf dem Ticket steht, erwartet man einfach eine saubere Orga. Wird diese Erwartung enttäuscht, zieht man noch eher die Konsequenz als bei einem kleinen Ausrichter.

Live Nation hat nun ein Problem über diesen Juni hinaus: Wie will man die britische Erfolgsmarke Download in Deutschland wieder mit Vertrauen füllen? Wer wird nächstes Jahr noch ein Download Germany in seinen Kalender einplanen – wenn er in diesem Jahr buchstäblich vor die Tür gesetzt wurde? Die Leute nach eigentlich ja erfolgreich verlaufener Premiere zurückzuholen, wird extrem schwer werden. Aber vielleicht gibts gar kein Problem: Live Nation könnte schon entschieden haben, diesen Ableger dauerhaft zu begraben und man widmet sich zukünftig anderen Aufgaben.

Positiver Effekt für Rock im Park und Rock am Ring?

Die Absage des Download Germany dürfte Rock im Park und Rock am Ring ein paar mehr abgesetzte Tickets enttäuschter Downloader bescheren. Zumindest von solchen, die ein alternatives Rockfestival ansteuern möchten und es derart kurzfristig umorganisiert bekommen.

Der Download Veranstalter sagt zu der Absage folgendes:

Das für den 23. und 24. Juni geplante Download Germany am Hockenheimring findet in diesem Jahr nicht statt. Mit Bedauern gab der Veranstalter heute die Absage des Festivals bekannt.

Sämtliche bereits im Vorverkauf erworbene Tickets werden in den nächsten Tagen automatisch von Ticketmaster zurückerstattet. Die Fans werden hierzu per E-Mail informiert.

Bis zuletzt habe man versucht, das Festival für die Fans von Download Germany zu realisieren. Die massive Anzahl von Open Air-Veranstaltungen erschwere in diesem Sommer trotz des erstklassigen Line-Ups die Organisation und Durchführung erheblich. Die damit verbundenen produktionstechnischen Hindernisse erwiesen sich leider als unüberwindbar.

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