Nürburgring Betreiber Capricorn: “Nachfolgerfestival mit neuem Veranstalter”

Es klingt wie ein weiterer Auswuchs des seit Jahren zelebrierten Grössenwahns am Nürburgring: Am Tag, an dem die Verhandlungen mit der Marek Lieberberg Konzertagentur um eine Fortsetzung von Rock am Ring scheitern, spricht Nürburgring-Geschäftsführer Carsten Schumacher bereits von einem neuen Rockfestival an der Kultstätte.

[UPDATE 19:32 Uhr: Details zum neuen Festival will Capricorn schon nächste Woche bekanntgeben. Laut einer Pressemitteilung am Dienstag, 5. Juni – also direkt vor dem Start von Rock am Ring 2015. Eine durchaus deftige Provokation.

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Das berichtet die Rhein Zeitung in ihrem sehr empfehlenswerten Liveticker zum Brennpunktthema. Konzeptionell will man sich eng an das bewährte Muster anlehnen, das da heisst: internationale Rockmusik-Grössen in die Eifel lotzen. Wer genau hinter dem “man” steht ist indes unklar.
Für ein Festival unter der Flagge des Nürburgring-Betreibers, dem Autozulieferer Capricorn, sieht Marek Lieberberg kaum Chancen: “Das ist aus meiner Sicht das Ende des Nürburgrings als Musik-Veranstaltungsstätte, wenn die das jetzt in die Hand nehmen. Wir haben in 30 Jahren eine Marke aufgebaut und die glauben, die können das in einem Jahr.” wird er von der Rhein Zeitung zitiert.

Nürburgring Restart? Ein schwieriges Unterfangen

Zweifel sind berechtigt, organisiert man ein Festival für 85000 Besucher doch nicht einfach aus der hohlen Hand heraus. Erfahrung, Wissen und Verbindungen sind unabdingbar. Und dennoch dürfte es utopisch sein mit einem Neuling im ersten Jahr mehr als 20-30000 Besucher anzulocken. Selbst bei entsprechendem Programm. Das hat im Vorjahr auch Lieberberg selbst leidvoll erfahren mit dem RockNHeim erleben müssen.

Die einzige Firma, der ich die Ausrichtung eines Nachfolgers zutrauen würde, ist FKP Scorpio. Die jedoch dürften den Teufel tun und in dieses riskante Unterfangen investieren.
Zumal die in Hamburg ansässige Firma letztlich genau wie die Marek Lieberberg Konzertagentur zum Eventim Konzern gehört.

Hypotheken eines Newcomers

Die Unwägbarkeiten für den Neuling sind schier unendlich gross. Mit seinen Programmen brauchte Lieberberg nach eigenem Bekunden 70000 Besucher am Ring, um überhaupt die schwarze Null zu erreichen. Für diese Ausgabe habe man diesen Punkt gerade erst überschritten – was nebenbei erwähnt massiv Zweifel an den Vorverkaufszahlen der bisherigen Pressemeldungen aufkommen lässt. Anfang Mai hatte rock-am-ring.com schon 80000 verkaufte Einheiten vermeldet.

Ein Drittel des Gewinns floss bisher an den Nürburgring. Capricorn wollte in Zukunft 25 Prozent mehr. Ein Satz, zu dem Marek Lieberberg die Veranstaltung nicht mehr machen wollte. Zumindest nicht auf der altehrwürdigen Rennstrecke in der Eifel. Dass Rock am Ring andernorts fortgesetzt wird, daran lässt Marek Lieberberg kein Zweifel. Die Frankfurter Agentur scheint präpariert. Man hat sechs Ausweichalternativen im Auge und will dem Termin im Juni treu bleiben.

Ein neues Festival am Nürburgring müsste mit einem anderen Namen antreten, denn die Rechte an “Rock am Ring” liegen einzig und alleine bei Lieberberg. Den Neuling im Juni zu verankern wäre wohl Selbstmord. Welch ambitioniertes Grenhorn wollte sich im Juni ernsthaft mit eingefahrenen Schlachtschiffen wie Rock am Ring/Rock im Park und Hurricane/Southside um Kartenkäufer streiten?
Es bleibt sowieso die Frage: Wie reagieren langjährige Ring-Fans auf die Veränderung? Begleiten sie die Lieberbergs zu ihrem neuen Domizil von Rock am Ring und boykottieren den Nachfolger, oder sind sie mehr mit dem Ring als dem Veranstalter verbandelt und würden in einem Neuling vielleicht sogar die Chance auf einen Neustart sehen?

Druck aus der Region

So utopisch ein Nachfolgefestival in ähnlicher Dimension im Moment scheint: Aus der Politik hört man erste Stimmen, die auf eine alternative Veranstaltung im ähnlichen Stil pochen und Capricorn in die Pflicht nehmen. Es geht um Geld und Jobs. Hoteliers und Dienstleister in der Eifel sehen ohne Grossfestival ihre Felle davonschwimmen. Massive Umsatzeinbussen drohen.
Wir dürfen uns auf interessante Wochen und Monate einrichten.

 

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Thomas Peter

ein diplomierter Biologe mit starkem Hang zu Fotokamera und der besonderen Festivalatmosphäre.