“Ich geh da ganz privat hin” hatte sich unser Steffen vorgenommen, “mal nicht mit dem journalistischen Festivalistenauge”. Doch unsere Prophezeihung wurde wahr. So schrieb der Pendler vor seiner Abfahrt heute zurück in die Serengeti doch noch zwanghaft nieder, wie es ihm gestern ergangen ist.
Laut wie nie zeigt sich die Savanne momentan. Das Serengeti Festival ist im vollen Gange und sorgt für blaue Flecken, fiepende Ohren und jede Menge Lärm. Und bisher scheint sogar der Wettergott im Moshpit mitwirken zu wollen.
Der Freitag steht im Zeichen der Hardcoremusik. Alles was in dieser Szene Rang und Namen hat befindet sich heute in Ostwestfalen. Während Deez Nuts zum Glück nur mit ihrer Musik zeigen wollen, wer die größten Gemächter auf dem Festival hat, muss sich Jennifer Weist von Jennifer Rostock nochmal ein eigenes Bild von der Situation machen. Sie holt einen Fan auf die Bühne um sich kurzerhand in seiner Hose vom aktuellen Stand zu überzeugen. Überhaupt pendelt deren Show irgendwo zwischen lustig und peinlich. Ein bisschen weniger vulgär wäre auch mal nicht schlecht.
Eine Band die vulgär und dabei noch durchgehend witzig ist, das kann nur Das Pack sein. Bei 30 Minuten Spielzeit im Zelt kommen sie zwar nicht wirklich auf Betriebstemperatur, aber einen kleinen Eindruck, was einen auf Konzerten mit voller Länger erwartet, gibt es dann doch. Hymnen, die alle Fragen des Lebens beantworten und pubertärer Humor im Einklang mit zwei großartigen Musikern.
Ignite überzeugen in der Zwischenzeit mit einer soliden Show und einem wunderbaren Cover des Beatsteaks-Klassikers „Panic“, welches leider vom eher Hardcoregeneigtem Publikum weniger zu würdigen gewusst wird. Dass Sänger Zoli Teglas wegen eines Bandscheibenvorfalls nicht mit an Board ist und während der kompletten Europa-Tour durch Jon Bunch von Sensefield vertreten wird, bemerken wohl nur echte Fans.
Auf dem Weg zurück zur Zeltbühne dann der erste Festivalhappen der bitter im Hals stecken bleibt. Ein Spirituosen-Werbestand beschallte das Festivalgelände mit allerfeinstem Deutschrock von Onkelz bis Frei.Wild. Hat denn der Veranstalter kein Auge auf sowas? Das muss doch mal absolut nicht sein.
Frei.Wild Fans haben es auch bei Egotronic nicht leicht. Eines dieser Bandshirt offen tragenden Exemplare (vermutlich frisch aus dem Affengehege des angrenzenden Safariparks ausgebrochen) wird während des Konzert dann auch weniger freundlich aber bestimmt von den Zuschauern des Zeltes verwiesen. So wird dann also fröhlich und friedlich weiter gegen Deutschland geraved.
Achja, wir sind ja auf einem Festival, auf Festivals spielen Headliner. Wer ist das denn heute? Kraftklub? Waren die nicht letztes Jahr noch Opener des Serengeti?
Machen wir mal den Headlinercheck: Imposantes Bühnenbild? Vorhanden. Kreischende Mädchen in den ersten Reihen? Unzählige. Das “Ah, den Song kenn ich doch aus dem Radio.”-Gesicht bei einigen Zuschauern? Da. Ein tanzwütiges und mitgröhlendes Publikum? Sowas von. Hits die man am Ende des Sets platzieren kann? Sowieso. Ja, Kraftklub haben den Headlinercheck bestanden. Eine tolle und stimmungsreiche Show schließt den Abend auf der Hauptbühne ab. Während ein überdimensionales “K” im Hintergrund leuchtet, stiftet Sänger Felix Brummer zu Wall Of Deaths an und zündet Pyrotechnik auf der Bühne. Der Band merkt man den Spaß sichtlich an. Sie haut ein 75 Minuten Set raus, welches gänzlich ohne Längen auskommt.
“Die hab ich damals schon gesehen, als sie in den kleinen Clubs spielten und nicht die großen Festivals headlineten.” hört man Festivalisten sagen. Die Zukunft kommt manchmal schneller als man denkt und das muss nicht unbedingt immer schlecht sein.
Den Abschluss des Abends übernehmen die Monsters of Liedermaching im Zelt. Ich muss mich als großer Fan dieser Band outen, jedoch war dieses Konzert nicht das, was man von den Monsters eigentlich erwartet. Stark gestartet, Publikum auf Temperatur gebracht und dann zu neuen Songs übergegangen. Tut der Stimmung nicht unbedingt gut, nur scheint das die Band auf der Bühne nicht so ganz zu merken. Während sich das Zelt immer mehr leert, bis nur noch die hartgesottenen Fans vor der Bühne verweilen, gibt es viel zu viele Songs vom bald erscheinenden neuen Album. Klar, die Klassiker werden zum Schluss auch nochmal ausgepackt, aber auf einem Festival sollte sich eine Band dann doch lieber überlegen, ob es nicht sinnvoller wäre die Zahlreich vorhandenen Hits als Joker zu nutzen.
Nichts desto trotz geht ein schöner Tag in der Ostwestfälischen Savanne zu Ende. Der heutige Samstag kann kommen.