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Konzerte

So war’s: Beck und Band of Horses in Berlin

David Niebauer

Festivalfficionado, Fotodude

Neurobiologe, Festivalliebhaber. Verdient seine Brötchen mit Webseitenkonsulting (Strategische Planung, Erstellung, Pflege) bei 70six.de.

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Die Voraussetzungen hätten ursprünglich besser kaum sein können: Beck kommt endlich wieder für ein Konzert nach Deutschland, Band of Horses gesellen sich als Vorband dazu und das ganze musikalische Spektakel soll dann auch noch Open Air in der stimmungsvollen Zitadelle in Berlin-Spandau stattfinden. Dann wird das Konzert allerdings in die Columbiahalle verlegt – und so findet man sich an einem schwül-warmen Juniabend in einer heißen Konzerthalle wieder. Doch der kurzen Enttäuschung ob des Locationwechsels folgt ein Doppelkonzert, welches das Publikum mehr als zufrieden zurücklässt.

Beck, nein das ist keines dieser One-Hit-Wonder, auch wenn der vor mittlerweile über zwanzig Jahren veröffentliche Song Loser sein bis heute bekanntester bleibt. Auf den Ohrwurm und musikalischen Durchbruch folgte eine Reihe an Albumveröffentlichungen, die allesamt in der Musikszene hochgelobt wurden. Und spätestens 2002 mit Sea Change, einem ruhigen und anspruchsvoll arrangierten Longplayer, beweist Beck, dass er viel mehr kann, als „nur“ einen Welthit und ein paar weitere radiotaugliche Lieder zu schreiben. Da ist es dann schon etwas verwunderlich, dass ein Konzert von ihm, der sich in Deutschland ohnehin rarmacht, nicht ganz den Publikumsandrang auslöst, den sich wohl auch die Konzertveranstalter*innen erwartet hätten. Die Show, die Teil des Citadel Music Festivals ist (Editors, Massive Attack, Beirut und Element of Crime stehen die nächsten Wochen unter anderem noch im Programm), findet daher nicht in der Zitadelle und damit in einer Burg unter freiem Himmel am Rande Berlins, sondern in der deutlich kleineren Columbiahalle mitten in der Stadt statt.

Daran konnten anscheinend auch Band of Horses nichts ändern. Die aus Seattle stammende Band eröffnet den Konzertabend mit einigen altbekannten Songs (Laredo, No One’s Gonna Love You, Is There a Ghost) und Tracks aus dem kürzlich veröffentlichten, neuen Album Why Are You OK, das wieder einmal die für sie so unverwechselbare Mixtur aus Indie-Rock, Dream-Pop und Folk-Einflüssen enthält – und, so will man ihnen zurufen, verdammt okay klingt. Denn dieses mittlerweile fünfte Studioalbum (ein akustisches Livealbum ausgenommen) unterstreicht wie gut ihnen die vierjährige Schaffenspause getan hat, obwohl sie eigentlich bzw. gerade klingen wie immer: schwermütige Stimme des Frontmanns Ben Bridwell, sanfte Harmonien und dann immer wieder mitreißende, tanzbare Melodien. An diesem Abend schließt die fünfköpfige Gruppe, wie sollte es anders sein, aber mit ihrem älteren Song The Funeral, der sich gerade live trotz aller TV-Soundtrack-Ausflüge in keinster Weise abgenutzt hat, sondern immer noch eine melancholische, fast mystische Grundstimmung in der ganzen Halle erzeugt.

Beck, Foto: Manuel Hofmann
Beck, Foto: Manuel Hofmann

Diese schafft dann aber wiederum Beck ganz schnell in eine ausgelassene, feierwütige Atmosphäre umzumünzen. Ohnehin, die großen Gesten beherrscht er. Schmächtig, wie gewohnt in Jackett und mit Hut auf der Bühne erscheinend, würde man ihm das erst mal gar nicht zutrauen. Doch über die eineinhalb Stunden Show schafft er es, stets die Zuschauer*innen mit Tanz quer über die Bühne, gemeinschaftlichem Singen, Kleidungswechsel und Handtuch-ins-Publikum-werfen mitzureißen. Dazu seine Musik, die nach…ja nach was eigentlich klingt? Bei Beck paart sich ein Alternative-Rock mit Elementen aus Folk, Funk, Blues und Hip Hop zu einem einzigartigen und vielseitigen Sound. Beck musikalisch also in eine Schublade einordnen zu wollen, verbietet sich selbstredend.

Beck, Foto: Manuel Hofmann
Beck, Foto: Manuel Hofmann

Das große Repertoire an hitverdächtigen Liedern aus allen Genres erlaubt es Beck daher dann auch bereits früh im Konzert Loser zu spielen, um daraufhin Song für Song das Publikum zum Tanzen zu bringen. Den eigentlichen Höhepunkt des Abends stellt dann aber, wie er es selbst ankündigt, ein „acoustic set“ im Set dar: „a couple of songs from Morning Phase“. Es sind diese melancholischen Melodien und traurigen Textzeilen aus dem 2014 erschienenen Album Morning Phase, das es zu einem der besten Singer-Songwriter-Alben der letzten Jahre macht: „I’m so tired of being alone/ These penitent walls are all I’ve known/ Songbird calling across the water/ Inside my silent asylum“. Namentlich Say Goodbye, Heart Is a Drum und Blue Moon gibt Beck mit Akustikgitarre nacheinander zum Besten und danach hätte der Abend eigentlich schon gut und gerne vorbei sein können. Doch in die warme Nacht entlässt Beck das Publikum dann noch mit ein paar weiteren musikalischen Stücken zum Bewegen und Hüpfen. Auf dem Weg nach Hause hat dann vermutlich auch keine*r mehr an die Konzertverlegung gedacht.

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