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So war’s: Berlin Festival 2013

14. September 2013

“Lass mal was urbanes machen!” Diese Idee der Melt!Splash!FestivalguideIntro(undmehr)-Macher mündete vor einigen Jahren im Berlin Festival. Dazu passt das zugehörige Gelände, der ehemalige Flughafen Tempelhof, so gut, als habe man ihn eigens für das Festival aus dem Boden gestampft. Ein Rückblick auf das Berlin Festival 2013.

Den Weg weisen Helfer im Steward(ess)-Outfit mit Neonröhrchen, Bändchen gibts am ehemaligen Baggage Drop und dann ist da noch dieser Hangar. Wer bisher nur auf den Ackern des Landes unterwegs war, weiß nach wenigen Minuten: das Berlin Festival wird anders als alles bisher bekannte. Alleine, weil das Camping fehlt.

Auch weil das Berlin Festival eingebettet ist in den größeren Rahmen der Berlin Music Week, wo sich Branchenmenschen über ihre Zukunft austauschen und selbst feiern. Genau deshalb gibt es auch erstmalig das First We Take Berlin Festival, zwei Tage vor dem eigentlichen musikalischen Hauptevent. “Schau dir aufstrebende Künstler in Kreuzberger Clubs an und rede darüber” ist das angedachte Konzept. Am Donnerstag Fuck Art, Let’s Dance und S O H N mitgenommen und festgestellt, dass das Konzept funktioniert. Vor allem in Form von öffentlicher Schwärmerei über die Genialität von letzeren.

Conor O’Brien (Villagers)
Der erste Festivaltag beginnt mit Capital Cities, die nach ihrem Hit “Safe and Sound” ein Madonna-Cover (“Holiday”) einschieben, um das Set dann mit Rumhüpfen, Handtuchschwingen und einem “Safe and Sound”-Remix vom Band abzuschließen. Nunja. Im Verlauf des Tages warten größere Highlights.

Geschichtenerzähler Conor O’Brien (Villagers) zum Beispiel, der besonders dann stark ist, wenn er sich die Gitarre hinter den Rücken spannt und in den Sprechgesang rutschend seine Geschichten erzählt. Das dritte Mal gesehen dieses Jahr, das dritte Mal begeistert.

Nach einem kurzen Verweilen bei Get Well Soon (ernsthaft, es gibt keine Band, wo die roten, Wellen werfenden Vorhänge im Hintergrund der Bühne besser passen könnten), geht es zu den Pet Shop Boys, die mit ihrer Show für einige WTF-Momente sorgen. Ich mein, Tänzer mit riesigen Antilopenköpfen? Mit “Go West” wurde schließlich qua Anruf die Mobilbox eines Redaktionsmitgliedes bespielt, wobei die Erinnerung daran eher vage ist. Sollte man sich aber unbedingt mal geben, diese Pet Shop Boys.

Es folgt der Anreisegrund Nummer 1: Blur. Es ist das letzte Konzert der Tour, und wer weiß schon, wie es mit der Band weitergeht. Ein Konzert, das mit “Girls And Boys” beginnt, klassisch mit “The Universal” und “Song 2” (Wooo Hooo!) endet. Zwischendrin noch die Beteiligung von Phil Daniels bei “Parklife” und ein Damon Albarn, den es immer wieder zum Publikum zieht. Sehr schöne Sache. Tagesabschluss.

Berlin Festival – Der Samstag

Casper
Tag zwei ist dominiert von drei Namen, die in einer Reihe mehr als komisch klingen: Casper, My Bloody Valentine und Björk. Die Headliner-Verpflichtung Caspers zog entsprechend weite Kreise, von Freude über Empörung bis zur Hasstirade. Umso sympathischer reagiert Casper auf der Bühne: Er wisse, dass er nicht so wirklich herpasse musikalisch, freue sich über alle denen es gefallen hat und wünsche allen anderen viel Spaß mit den folgenden Bands. Überhaupt, die Show: Deutlich gelassener wirkt er im Vergleich zu vorangegangenen Auftritten, etwa beim Southside vergangenes Jahr. Gut drauf. Und mit neuem Material ausgestattet: Nicht nur der Banner mit Albumcover im Hintergrund, auch Opener “Im Ascheregen” kündigt die neue Platte an, was, gerade als Fan von Konstantin Gropper (Get Well Soon), ziemlich toll ist. Die ziemlich schräge, harlemshakige “So Perfekt”-Version ändert dann auch nichts mehr an einem Konzert, das der Position im LineUp durchweg gerecht wurde.

Für die verbleibenden zwei Namen, über die es zu berichten gilt, bräuchte es Fotos. Fotos, um ihre Konzerte zu beschreiben. Gerade sie verwehren Fotografen den Zugang.

My Bloody Valentine veröffentlichten ihre Alben 1988, 1991 und …2013. Sie sind eine der Bands, die man nicht allzu leicht zu Gesicht bekommt. Exklusivbuchung. Das Konzert selbst: Psychodelische Bilder der Videowalls, die einen versinken lassen in die der Band typischen Musik mit sich überlagernden Gitarrenspuren und einem Gesang, der so weit in den Hintergrund tritt, dass man nur erahnen kann, was die Bandmitglieder in ihr Mikrofon hauchen.

Ähnlich erlebnisreich geht es mit Björk weiter. Ihre Gesichtskonturen sind hinter ihrer stacheligen Glitzermaske nur zu erahnen. Die etwa zwanzig Sängerinnen im Chor tragen schillernde Roben, die von jeder esoterisch angehauchten Sekte geliehen sein könnten. Im Hintergrund flackert Naturgewalt über die Videowall: Blitze, Sternenhimmel, Vulkanausbrauch. Zwischenzeitlich schwebt direkt über Björks Kopf ein Zylinder, durch den immer wieder _echte_ Blitze zucken. Am Ende noch Feuerwerk und Feuer. Dazu diese Musik. Staunen am Ende – so, dass man glaubt, einen würdigen Abschluss des Berlin Festivals erlebt zu haben. Zumindest für dieses Jahr.

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Manuel Hofmann

Festivalaffiner Politikwissenschaftler.