Sie flehen geradezu darum und strecken ihre Arme als hänge ihr Leben an den 18 Songnamen. Wenige Momente lang so fühlen wie Gott. Am Ende der Szene entscheidet das Glück: Ein Luftzug weht den Zettel in die Hände eines Zuschauers, eine andere ruft erbost „Du Idiot!“. Dabei bleibt das Konzert von Bloc Party auch so im Kopf – ganz ohne Setlist.
Auch davon könnte ich euch auch erzählen: Wie die schon bei Bloc Party angedeuteten Elektrospielereien auf „The Boxer“ einen Höhepunkt fanden. Wie sich Kele Solo beim Frequency 2011 bei gefühlt 40 Grad gewohnt voller Energie präsentierte – und bei mir so gar nichts auslöste. Aller Rumspringerei seinerseits zum Trotz.
Ich könnte auch erzählen, wie ich mich schließlich über „Four“, die neue Scheibe, gefreut habe. Eine Rock-Platte. Bei dem das Cover schon so viel symbolisiert: Vier Bandmitglieder, viertes Album, vier Kreise. Eine runde Sache (Ha!).
Aber all das wäre letztlich nur eine feuilletonistische Überhöhung eines grundsoliden Konzertes, wie ich es mir häufiger wünschen würde.
Auch nicht das – vielleicht ironisierte – Gehabe des Drummers als es auf Zugabe zwei zugeht: Wie schon beim ganzen Konzert nur in Shorts bekleidet, zeigt er beim Wiederbetreten der Bühne seine Muskeln, küsst daraufhin seinen Oberarm als wollte er sagen: „Seht her, ich bin so stark, ich kann auch nach Lied 16 noch auf die Drums einschlagen“.
Nicht alles an dem Abend ist gut: „Octopus“ etwa wird für meine Begriffe schwer verhunzt, die Spielzeit hätte länger sein können. Die Fans feierns trotzdem, Kele lobt sie als „bestes Münchner Publikum aller Zeiten“. Bei „Helicopter“ am Ende hätte er gar nicht in den Gesang einsteigen müssen, so gewaltig war der Chor des Publikums. Die Stimmung erreicht dort den erwartungsgemäßen Höhepunkt. Ein Jugendlicher bahnt sich den Weg aus der tobenden Menge, um eingehakt in einen Fremden seinen ausgezogenen Schuh wieder an den Fuß zu bringen. Kurz darauf verschwindet er wieder in den Massen. Als das Konzert letztlich endet sind nicht wenige nassgeschwitzt und am Ende ihrer Kräfte.
Zurück zum Kampf um die Setlist, den ich mit jeder Zeile dieses Konzertberichts besser verstehen kann. Ein Produkt der Euphorie. Entladen in einer unreflektierten „Du Idiot“-Pöbelei. Aber hey, falls Du das hier zufällig liest: Ich habe da eine Setlist für Dich.