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So war’s: Blur Secretshow in Berlin

21. April 2015

Wer hätte dieser Tage eigentlich noch mit einem neuen Blur Album gerechnet? Und vor allem: Wer braucht sowas? Nach diesem Spätnachmittag ist die Frage auf zweiteres jedenfalls beantwortet: Die Welt!

Ein unspektakulärer Innenhof umringt von wuchtigen Backsteingebäuden. Einige wenige glückliche Menschen warten hier auf einlass in das Studio der TV Sendung Circus HalliGalli. Drinnen wird grade die Show für den Abend aufgezeichnet, weshalb die Leute tatsächlich 2 Stunden draußen warten müssen. Aber Ungeduld kommt an keiner Stelle auf. Jeder der Anwesenden ist sich darüber bewusst hier etwas einmaliges zu erleben. Blur, die Legenden des Britpops, die unter 40.000 Zuschauern normalerweise keine Konzertbühne betreten, am heutigen Nachmittag vor einer Hand voll Auserwählten.

Drinnen geht das Warten weiter. Jedoch nur eine halbe Stunde. Der eine von von Joko und Klaas, wer ist ja auch egal, beide unlustig, schmettert eine kurze Ansage ins überschaubare Rund und schon gehen die Lichter aus und Damon Albarn und seine Kollegen stürmen die Bühne. Von der ersten Sekunde ist eine enorme Elektrizität zu spüren. Blur haben Bock. Damon Albarn schreitet wie ein Löwe den Rand der halbrunden Bühne die ins Publikum hineinragt herab. Immer wieder sucht er bewusst Augenkontakt mit Fans in den ersten Reihen.

Blur spielen ihr komplettes, neues Album The Magic Whip, welches am kommenden Freitag erscheint. Zum großen Teil sind die Songs dem Publikum also unbekannt. Aber bedächtiges Zuhören sieht anders aus. Albarn peitscht die Menge immer wieder an, sodass selbst zu völlig unbekannten Songs geklatscht, getanzt und geschrien wird. Und diese Songs, wie sind die eigentlich? Ziemlich gut, ziemlich vertraut, ziemlich neu. The Magic Whip bietet viel Abwechslung. Vom klassischen Britpop-Mitgröhlkracher, welcher sich sofort im Gehörgang festsetzt bis zur tiefgehenden Synthie-Progpop Nummer, welche ein wenig schwerer zu verdauen ist, ist alles dabei. Trotzdem wirkt die Zusammensetzung der Songs extrem homogen. Alles ist logisch. Alles ist gut. Kein einziger Ausfall ist zu bemängeln.

„This was The Magic Whip, thank you.“ Ein riesiger Applaus brandet auf. Die Fans mögen das neue Album. Erleichtert und grinsend schauen sich die Musiker auf der Bühne an. Aber vorbei ist das hier noch nicht. Beetlebum, einer der Klassiker aus dem Bandrepertoire führt die Zugabe an. Hände recken sich in die Luft, als Albarn zum Refrain ansetzt. „And when she lets me slip away…“ Das ganze Fernsehstudio singt mit. Doch vorbei ist es immernoch nicht. Ein kleines Highlight wartet noch auf die Fans. Trouble In The Message Centre, ein Song vom legendären Parklife Album, vor diesen Promogigs seit 16 Jahren nicht mehr live gespielt. Im Publikum sind mittlerweile Pogoansätze zu erkennen, geht es mit dieser Nummer zum Abschluss doch nochmal auf die Zwölf. Die Band steigert sich immer mehr herein, der eigentlich doch so auf musikalische Qualität bedachte Frontmann Albarn peitscht seine Mitmusiker immer weiter an. Die Band wird immer schneller, eigentlich eine Todsünde unter Musikern, doch grade muss das sein. Albarn springt Gitarristen Graham Coxon an, dieser Brüllt irgendwas zu Bassist Alex James herüber, alles wird schneller, alles wird lauter, alles wird wilder und endet in einem riesigen Schlussakkord. Was für ein Finale.

Die ganz große Show im ganz kleinen Rahmen. Ein neues Blur Album hat bis dato keiner gebraucht. Doch jetzt, wo es einmal da ist, sollte es sich jeder zu Gemüte führen. Lohnt sich. Versprochen!

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Steffen Neumeister