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So wars: Deichkind in Dortmund

4. März 2012

Deichkind sind wieder da. Neue Platte, neue Tour, neue Show. Die dritte Show eben dieser neuen Tour führt die Kinder vom Deich nach Dortmund. Keine Vorband, keine Schnörkel, einfach nur 2 Stunden Deichkind in voller Blüte.

Text: Carina Bittner | Fotos: Steffen Neumeister

Die Signale dürften für jeden der 6500 Besucher der Westfalenhalle in Dortmund unüberhörbar sein. Im fast 10-minütigen Intro-Video wird durch die Verabschiedung des alten Bühnensets schon klar, dass mit dieser Tour eine neue Zeitrechnung beginnt. Als der Vorhang sich schließlich öffnet, präsentiert die Hamburger Formation statt der runden Treppe nun acht bewegliche Türme, welche während der gesamten Show munter hin und her geschoben werden und mal als Videoleinwand, mal als Podest dienen.
Im ersten von den zwei Sets des Konzertes regiert der elektronische Stil des jüngsten Albums und seinem Vorgänger. Der Eröffnungssong „99 Bierkanister“ wird vom Publikum gebührend gefeiert. Es folgen „Befehl von ganz unten“, „Dicker Bauch“ und „Hovercraft“, wobei die Leute bei jedem Titel noch euphorischer tanzen. Dem ganzen Treiben setzt die Band mit „Bück dich hoch“ noch einen drauf. Die immer neuen Verkleidungen und die kreative Bühnenshow lassen keinen Platz zur Langeweile. Spätestens die mit Neonröhren umgestaltete Sonnenbank, die bahrengleich zu „Egolution“ von den Kindern vom Deich auf die Bühne getragen wird, sollte der Reizüberflutung in jedem noch so grauen Gehirn freie Bahn schaffen. Eine Abwechslung von der Abwechslung bietet „Papillon“ mit einer, sagen wir, interessanten Regenschirm-Choreografie. Viel Zeit zum Verschnaufen bleibt aber weder Band noch Publikum, denn die aktuelle Single „Leider geil“ markiert definitiv einen Höhepunkte des Abends. Und der nächste folgt sogleich, also vier Songs später, mit „Luftbahn“. Die Menge tobt, Euphorie und Glückseligkeit sind in den Gesichtern der umstehenden Fans zu beobachten, gestandene Männer singen sich die Seele aus dem Leib. Das erste Set schließt mit „Illegale Fans“. Der Vorhang wird geschlossen und die illegalen, radikalen, digitalen Fans fordern mit „Kein Gott, kein Staat, lieber was zu saufen!“ nach einer Verlängerung.
Hinter der Bühne werden derweil die ersten wahnwitzigen Kostüme eingemottet und wunderliche Requisiten verstaut.
Denn auf der Bühne wird nun Platz für neue schwindelerregende Requisiten und absolut abgedrehte Deichkinder benötigt. Sollte in der kurzen Zeit zwischen den beiden Runden jemandem die Knochen kalt geworden sein, bekommt er nun mit „Arbeit nervt“ mächtig eingeheizt. Auf Podesten vor den großen, beweglichen Türmen postiert, belehren die sechs Hamburger über leere Konten und trinkwütige Priester und Putzfrauen. Die bunten Farben lassen schon erkennen, dass hier nicht die vorher von Electro dominierte Linie fortgesetzt wird, und spätestens beim Klassiker „Komm schon“ kommen die Hip Hop Fans der alten Schule auf ihre Kosten. „Bon Voyage“ macht die beiden Must-Haves vom ersten Album komplett, bevor ein überdimensionales Fass durch das Publikum zur Bühne wandert, wo es dann auch hochgehievt und an die bekannten Schläuche angeschlossen wird. Während der nächsten Songs kommen die ersten Reihen in den Genuss vermutlich alkoholhaltiger Getränke. Der Rest darf sich aber mindestens genauso sehr über „Hört ihr die Signale“ und „Prost“ freuen. „Limit“ rundet den zweiten Block ab, der für Liebhaber jeder der vielen Deichkind-Facetten etwas dabei hatte.
Erneut schließt sich der Vorhang, doch was wäre ein Deichkind-Konzert ohne den wohl bekanntesten Titel „Remmidemmi“. Eine Hüpfburg, eine riesige aufblasbare Wanne voller Federn und ein Trampolin mit Deichkind-Logo kommen zum Vorschein, als sich der Vorhang zu den bekannten und beliebten Takten wieder öffnet. Die Federn und die Hüpfburg werden ins Publikum befördert und die ausgelassene Stimmung des unschlagbaren Abends wird mindestens nochmal verdoppelt. Zwei Stunden lang haben Deichkind und die Fans auf diesen unschlagbaren Höhepunkt hingearbeitet und es ist zu schade, dass das Konzert ein so erbarmungsloses Ende findet. Doch man soll ja bekanntlich aufhören, wenn es am schönsten ist.
Instrumente und anspruchsvolle Gesangseinlagen werden bei Deichkind nicht geboten, nicht zu bestreiten ist aber, dass die Band aus Hamburg wie kein anderer weiß, wie man eine riesengroße Party mit 6500 Gästen schmeißt und für durchweg abwechslungsreiche Unterhaltung und leidenschaftlich feiernde Fans sorgt. Muss man erlebt haben!

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Steffen Neumeister