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So war’s: Die Ärzte in Karlsruhe

28. Oktober 2012

„An einem Freitag Abend gibt es fast nichts besseres zu tun, als auf einem Ärzte Konzert zu sein.“ Damit hatte Farin Urlaub nicht unrecht. Es war, wie sollte es auch anders sein, mal wieder ein Fest voller Blödelei und Musik. Typisch die Ärzte eben.

Die Ärzte
Die Ärzte

Die kreativen Laola-Choreografien sind ebenso bekannt wie die drei Zugabenblöcke, die das Konzert wieder auf ärzte-typische 3 Stunden gebracht haben. Ansagen, mal kindisch, mal lustig, mal ironisch selbstverliebt. Alles bekannt. Alles seit nunmehr 30 Jahren eine harmonische Routine. Böse Zungen behaupten, sie hätten ihre besten Tage hinter sich. Das neue Album „auch“ sei nur noch 0815-Pop-Punk, ohne den alten Ärzte-Charme.
Doch sie schaffen es bei jedem Konzert aufs neue, ihre Kritiker vom Gegenteil zu überzeugen und das Publikum zu überraschen. Nicht nur, dass die Setlist mal wieder keiner anderen der aktuellen Tour glich, auch der spontane Quatsch auf der Bühne ist einzigartig – Konzert für Konzert. Die Security am Graben zwischen Bühne und schwitzender Meute werden als ihre ganz persönlichen Chippendales bezeichnet. Fleißig werden BHs gesammelt und auf individuelle Bedürfnisse von Gästen eingegangen, wodurch man sich kurzerhand dazu entschloss mit dem nächsten Stück zu warten, bis die junge Dame ihren Ritt auf den Händen des Publikums beendet hat.
Es zeigt aber schnell, dass auch nach drei Jahrzehnten den Spaß an ihren Liveauftritten nicht verloren haben. Diese Routine und das Wissen, bei allem was sie tun, und sei es auch noch so sinnlos, von den Fans frenetisch gefeiert zu werden, bestärkt sie darin ihrer Linie treu zu bleiben und sich niemals anzupassen. Da werden auch mal, sehr zu meiner Freude, alte und live sehr selten gespielte Stücke wie „Madonnas Dickdarm“ nach eigener Aussage, ungeprobt, dargeboten. Und sie funktionieren. Natürlich. Selbst kleinere Textpatzer werden gekonnt überspielt. Es hilft ja das Publikum, das kontinuierlich jedes Stück mitsingt. Egal, ob Jung oder Alt, jede Generation lässt sich für BelaFarinRod begeistern. Genau das macht ein Ärzte Konzert aus. Nicht selten sieht man Eltern mit ihren Kindern gemeinsam zu den Konzerten gehen. Die erste Generation, aufgewachsen mit „Zu Spät“, „2000 Mädchen“ und „Sweet Sweet Gwendoline“ kommen ebenso auf ihre Kosten wie die zweite, die sich mit Titeln wie „Junge“ oder „Schrei nach Liebe“ identifizieren kann.

Der Fokus lag aber klar auf den neueren Stücken. 15 von 39 Songs sind von den letzten beiden Alben. Die Ärzte sind neben all dem Spaß und Quatsch eben auch Geschäftsleute, die genau wissen, wie sie sich zu vermarkten haben. Die Ansage einen der mittlerweile obligatorischen Gwendoline-USB Stick mit dem Konzert des Abends darauf zu erwerben ersetzt die ehemaligen Aufrufe doch bitte ein T-Shirt mitzunehmen (was nicht heißen soll, dass sie davon nicht ebenfalls genug verkaufen würden. Man muss nur nicht mehr explizit darauf hinweisen).

Ja, selbst die Ärzte sind auf den multimedialen Zug aufgesprungen und haben sich ein wenig mehr in Richtung Pop gewandelt, wie jüngst ihr Album „auch“ zeigt. Das ist aber weder störend, noch macht sie das zu „Punkverrätern“. Sie waren nie die Musterpunker, sondern wussten immer, wie das Musikgeschäft funktioniert und nehmen es gekonnt auf die Schippe. Allein der Titel der Tour „Das Comeback“ – eine Tour, die fast nahtlos an die letzte „Das Ende ist noch nicht vorbei“ anschließt – zeigt, wie zynisch sie der Welt gegenüber stehen. Sie nehmen sich selbst nicht all zu ernst – auch nicht nach einer so langen Zeit – und das macht sie so sympathisch.

Nach 3 Stunden rumspringen, rumpogen, mitsingen und mitperformen stellt sich wieder einmal das gewohnte Gefühl ein: das war die beste Liveband, kein Zweifel, immer wieder die Ärzte! Und solange dieses Gefühl bestehen bleibt sind die Ärzte immer noch Punk, in ihrer ganz eigenen Auslegung. Bleibt nur noch zu sagen: Comeback geglückt. Chapeau.

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Dennis Hammerschmidt