Konzerte

So war’s: Frank Turner & The Sleeping Souls in Berlin

Sven Morgenstern

Festivalfficionado, Fotodude

Neurobiologe, Festivalliebhaber. Verdient seine Brötchen mit Webseitenkonsulting (Strategische Planung, Erstellung, Pflege) bei 70six.de.

Frank Turner gehört wohl zu den fleißigsten Musikern, die das Rock’n’Roll-Business zur Zeit zu bieten hat. Unermüdlich tourt er über die Bühnen dieser Welt. Mal solo, nur mit Gitarre bewaffnet. Mal mit seiner Begleitband, den Sleeping Souls. Daher vergeht auch kaum ein Jahr, in dem Frank Turner nicht in Berlin gastiert. Dass dabei die Bühnen immer größer werden, mag dem ein oder anderen sauer aufstoßen. Wenn es aber jemand verdient hat, dann dieser Mann aus Winchester, der am Sonntag in Huxley’s Neuer Welt auftrat.

Als Support hat sich Frank Turner heute Songwriter John Allen und die Südstaaten-Rocker von Lucero engagiert, beide dürfen rund 30 Minuten ihr Können unter Beweis stellen. Während für mich John Allen noch der Euphorie über ein mehr oder minder vollständiges Redaktionstreffen zum Opfer fällt, können Lucero leider nicht wirklich überzeugen. Zwar versetzen die Mannen auf der Bühne den ein oder anderen Kopf in seichte Nickbewegungen. Wirklich viel wird auf Dauer von ihnen aber nicht hängenbleiben. Über die Kategorie ganz nett kommen sie an diesem Abend leider nicht hinaus.

Dass die mangelnde Begeisterung aber keineswegs mit der Terminierung am Sonntagabend zusammenhängt, beweisen aber im Anschluss Frank Turner und seine Sleeping Souls. I want to dance lauten die markanten Zeilen des Openers Four Simple Words – und zeigen damit auf, in welche Richtung der Abend bewegt. Ob Hymnen wie I still believe, Klassiker wie Try this at Home oder neue Songs wie Plain Sailing Weather – was auch immer das Quintett auf der Bühne anstimmt, Berlin zeigt sich textsicher, tanzfreudig und leidenschaftlich. Nun mag sich der ein oder andere fragen: Quintett? Ja, Frank Turner laboriert noch immer an einer Rückenverletzung, die dafür sorgt, dass er kaum Gitarre spielen darf. Kurzerhand wurde dafür sein Freund Dan engagiert, der sich zwar recht introvertiert präsentiert, den Job des Aushilfsgitarristen aber mit Bravour meistert.

Frank Turner schafft es wieder einmal, eine Show allererster Güte abzuliefern. Die neuen Songs fügen sich nahtlos in das Gesamtwerk ein. Die Band vermittelt mal wieder das Gefühl, als wäre das der größte Gig ihres Lebens. Wenn man bedenkt, wie exzessiv die Jungs in den letzten Jahren getourt haben, ist es umso beeindruckender, wie sie es immer wieder schaffen, ein Publikum in Ekstase zu versetzen.

So viel Leidenschaft gehört zweifelsohne belohnt. Kauft seine Platten. Besucht seine Konzerte. Dieser Mann hat was zu sagen, Geschichten zu erzählen. Und angesichts seiner inzwischen fünf Alben umfassenden Diskographie, erscheinen die neunzig Minuten zwar schön, aber viel zu kurz für das, was in der Setlist fehlte. Neunzig Minuten übrigens, die nicht ohne ein kleines Malheur zu Ende gehen sollten. Denn während Frank Turner beim Abschluss mit Photosythesis sein Mikrofon durch die Luft wirbelt, kreuzt Gitarrist Ben Lloyd dessen Flugbahn. Zurück bleibt eine stark blutende Platzwunde am Kopf. Aber auch die hält nichts und niemanden davon ab, noch ein letztes Mal das Tanzbein zu schwingen und voller Inbrunst mitzusingen. It’s Rock ‘n’ Roll!

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