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So wars: Groezrock Festival 2011

25. April 2011
Bilder: Steffen Neumeister

Osterwochenende bei traumhaftem Frühlingswetter. Ein kleines, verschlafenes Örtchen in Nordbelgien wird plötzlich von tausenden Musikfans überlaufen um den Start in die diesjährige Festivalsaison zu feiern. Das Groezrock Festival lockt jedes Jahr Punk- und Hardcorefans aus ganz Europa nach Belgien, diesmal wollte ich auch mit von der Partie sein.

Nach ca. 3 Stunden Fahrt kam ich in Meerhout an und stellte mein Gefährt auf dem staubigen Parkplatz ab. Staubig ist eigentlich untertrieben, man fühlte sich wie in einem Sandsturm in der Sahara und genau so sahen die Autos später auch aus, meine Stammwaschanlage wird’s freuen.

Da meine Mitcamper nur 10 Meter weiter parkten, fand man sich auch direkt und konnte erstmal mit dem nötigsten Gepäck den Marsch in Richtung Campingplatz antreten. Nach grob geschätzten 1,5km Wanderung erreichten wir diesen dann auch. Die Campingbändchen waren schnell geholt, nun war Platzkampf angesagt. Da alle paar Minuten immer nur wenige Meter des Campingplatzes freigegeben wurden, musste man um jeden Quadratzentimeter kämpfen. Eine kluge Methode um die Leute platzsparend Campen zu lassen, allerdings etwas unbequem für die Besucher. Als dann alles aufgebaut war, lies man den Abend gemütlich mit ein paar Fangetränken ausklingen und freute sich auf den ersten Festivaltag.

Am nächsten Tag machten wir uns gegen Mittag in Richtung Festivalgelände auf. Gute 5 Minuten Fußweg vom Zelt bis zum Eingang sind absolut in Ordnung und wirkliches Gedränge kam erst unmittelbar vor dem Einlass auf. Nach etwas warten gab es dann das Festivalbändchen und es konnte Losgehen.

Das Gelände mit seinen 4 Zeltbühnen erstreckte sich über eine gewaltige Fläche und lud zum ausgiebigen Schlendern ein. Nach kurzer Inspizierung der Mainstage ging es durch die Merchzelte und an den unzähligen Werbeständen vorbei. Bei dieser Gelegenheit gabs auch einen kurzen Abstecher zum Stand der Kollegen von rockblog.nl wo dann ein kleines Pläuschchen gehalten wurde.

Die erste Band die ich mir anschaute war The Black Pacific. Die Band um Frontmann und Ex-Pennywise Sänger Jim Lindberg machte eine gute Figur. Schloss man die Augen, konnte man meinen, dass sich Lindbergs alte Band, Pennywise, auf der Bühne befand. Mit Bad Religion und Ramones Coversongs gewann man das Publikum recht schnell für sich und konnte den Auftritt als recht unterhaltsam verbuchen.

Weiter ging es mit Danko Jones. Frontmann und Rampensau Danko entschuldigte sich zuerst einmal, dass sie Musikalisch ja eigentlich gar nichts im Line-Up verloren hätten, man aber trotzdem das beste daraus machen wollte. Das taten sie auch. Mit einer unfassbar selbstbewussten Bühnenpräsenz, gepaart mit Mitgröhlhymnen formte man aus dem Publikum eine einheitliche Masse voller schwitzender und tanzender Rock´n´roll Fans. Am Ende bedankte sich die Band für die entgegengebrachte Toleranz und einen tollen Auftritt.

Nach kurzer Stärkung auf dem Campingplatz kam ich pünktlich zu den ersten Tönen von Millencolin wieder an der Mainstage an. Zum zehnjährigen Jubiläum ihres Durchbruchalbums und Skatepunkmeisterwerk Pennybridge Pioneers wurde eben dieses Album komplett durchgespielt. Hit folgte auf Hit und man fühlte sich in seine Jugend zurück versetzt, in der der eine selber mit Ghettoblaster unter dem Arm und Rollbrett unter den Füßen die Innenstädte unsicher machte und der andere mit Gamepad in der Hand und No Cigar im Soundtrack sich durch die virtuelle Welt von Tony Hawk skatete. Das belgische Publikum zeigte sich unerwartet Textsicher und sorgte für Gänsehautmomente während The Ballad. Ein kleiner Wermutstropfen blieb aber, dass Hits von anderen Alben leider aussen vor blieben.

Nach einer kurzen Umbaupause betraten Further Seems Forever die Bühne. Das Zelt war deutlich leerer als zuvor bei Millencolin und so richtig spang der Funke auch nicht aufs Publikum über. Überhaupt war die Spielposition relativ unglücklich angesetzt. Die Band hätte wohl besser auf die kleinere Eastpack Stage gepasst, welche zur gleichen Zeit nämlich aus allen Nähten bei August Burns Red übequoll.

Bei Hatebreed schaute ich nur kurz rein, das war mir einfach eine Nummer zu wild. Bei ihrem Hit Destroy Everything rastete das Publikum regelrecht aus und wurde zu einer wild tobenden Masse. Ich machte in der Zeit dann aber doch lieber einen Spaziergang über das Festivalgelände.

Der Samstagsheadliner der Eastpak Stage hieß Underoath und das Zelt war auch sehr gut gefüllt. Mit ca. 10 Minuten Verspätung enterten sie die Bühne und legten fulminant los. Die Fans brüllten, sprangen und tanzten was das Zeug hielt. Dafür, dass ich diese Musikrichtung eigentlich gar nicht höre, überzeugte mich das ganze doch sehr.

Nach 20 Minuten musste ich dann aber leider rüber zur Mainstage denn dort machte sich Flogging Molly bereit zu spielen. Für mich war dieses Konzert die absolute Überraschung des Festivals. Ich hörte zwar desöfteren, dass diese Band sehr gute Livequalitäten hat aber so eine fröhliche Partystimmung habe ich noch nicht erlebt. Das ganze Zelt tanzte ohne Ausnahme, es gab niemanden der nur am Rand stand und das ganze beobachtete. Jeder einzelne wurd mitgerissen und die Belgier sangen wieder aus voller Kehle jeden einzelnen Song mit.

Mit diesem Highlight endete der erste Festivaltag und meine Mitcamper und ich fielen nach ein paar gute Nacht Bierchen zufrieden in unsere Zelte.

Am nächsten Morgen hieß es früh aufstehen. Zum einen weil die Duschen um 8 Uhr öffneten und ich das Schlange stehen vermeiden wollte und zum anderen weil die erste Band welche ich sehen wollte schon um 11:50Uhr spielte.

Eben diese Band war Teenage Bottlerocket. Die amerikanischen Punkrocker versuchten so viele Songs wie möglich in ihren 35 Minuten Spielzeit unterzubringen. Ansagen gab es kaum, aber das war auch nicht nötig. Die Musik peitschte die Meute schon genug auf und so gab es selbst zu dieser frühen Zeit schon blaue Flecken im Moshpit und angeschlagene Stimmbänder vom mitgröhlen.

Direkt danach wurde es Zeit das Tanzbein zu schwingen. Die Ska-Punk Band Streetlight Manifesto spielte auf und das Zelt wurde immer voller. Bewegungsmuffel waren hier absolut fehl am Platz. Die Stimmung kochte, passend zur Mittagszeit, und die Party war im vollen Gange. Leider waren auch hier nur 35 Minuten Spielzeit angesetzt, obwohl die Band weitaus mehr verdient hätte.

Nach einer Mittagspause auf dem Campingplatz ging es mit Goldfinger weiter. Die Band auf die ich mich mit am meisten gefreut habe, sind sie doch so selten in Europa unterwegs. Eine absolut energiegeladene Show mit witzigen Ansagen und toller Best-Of Setlist. Technische Probleme mit dem Bass wurden gekonnt überspielt und hatten gar keine Chance den Auftritt zu vermiesen. Am Ende stand ich mit einigen blauen Flecken mehr und einem Grinsen in Gesicht da und freute mich, das wohl beste Konzert des Festivals gesehen zu haben.

Als ich dann kurz darauf rüber zur Eastpak Stage wanderte, war diese leider völlig überfüllt, sodass ich auf den Auftritt von Comeback Kid verzichten musste. So ging ich noch ein paar Schritte weiter zur kleinsten Bühne des Festivals, der MacBeth Stage, welche als einzige der 4 Bühnen nicht unter einem Zeltdach versteckt war. Dort gab es einen Bandwettbewerb für Nachwuchsbands aus ganz Europa, was jedoch Attack! Attack! aus Wales dort machten, konnte mir keiner sagen, sind sie doch kein unbeschriebenes Blatt mehr im Musikbusiness. Die Band hatte 20 Minuten Zeit um alles zu geben und das Publikum für sich zu gewinnen und genau das taten sie auch. Hier war wirklich alles wie aus dem Punkrock Lehrbuch. Bühnensturm, Crowdsurfing, Gitarrensolo im Publikum, ein wirklich mitreißender Auftritt.

Auf der Mainstage warteten dann Boysetsfire darauf auf die Leute losgelassen zu werden. Und das konnte man wörtlich nehmen. Sänger Nathan raste wie eine Furie über die Bühne und sprang alles an was ihm in den Weg kam, worunter auch Bassist Robert zu leiden hatte, der des öfteren mal zu Boden gerissen wurde. Eine energetische und fesselnde Show was auch die Zuschauer zu würdigen wussten. Nach den letzten Tönen sprang Frontmann Nathan ins Publikum für einige Fotos und Unterhaltungen mit Fans, ein wirklich schönes Bild.

Nun war es an der Zeit für die wohl am meisten Erwartete Band des Festivals. Auf dem ganzen Gelände sah man überall Menschen mit Descendents Shirts und gefühlt jede zweite Band betonte, welche Ehre es wäre sich die Bühne mit diesen Legenden zu teilen. Ich freute mich auch sehr auf dieses Konzert und wurde definitiv nicht enttäuscht. Das hohe Alter schreckte die Band absolut nicht ab alles zu geben und die Menge ordentlich durchzurocken. Die Setlist brachte Hits aus der kompletten, langen Karriere der Band hervor und ließen jeden, egal ob jung oder alt zufrieden zurück.

Was danach folgte war eher albern als interessant oder witzig. Es wurde versucht den Luftgitarren Weltrekord zu brechen. Es sollten so viele Menschen wie möglich gleichzeitig Luftgitarre spielen, dazu wurde extra ein Notar vom Guinnesbuch eingeflogen um das ganze zu überwachen. Meiner Meinung war diese Aktion unnötig und verlängerte nur das Warten auf die letztzen beiden Bands.

Apropos unnötig: Die Dropkick Murphys spielten als nächstes. Im Zelt breitete sich ein Nerven zerreibender Soundbrei aus Krach aus und Sänger Al Barr hüpfte unkontrolliert auf der Bühne rum. Dazu stand eine Dame mit kurzem Rock im Hintergrund und fidelte auf ihrer Geige, welche man im Soundmatsch sowieso nicht hörte, herum. Ich war jedenfalls erleichtert, als dieses Trauerspiel nach 60 Minuten vorbei war.

Denn zum Abschluss gab es nochmal ein richtiges Highlight: Headliner des Abends waren NOFX, eine meiner absoluten Lieblingsbands. Diese Band versteht es einfach alles anders zu machen als andere Bands. Ein Intro wurde nicht gebraucht und Einschleimen beim Publikum gab es erst recht nicht. Es ging direkt mit Beleidigungen gegenüber dem Gastgeberland los was dann in einen Mix aus Comedyshow und Konzert überging. Eine schöne Setlist aus Hits und vielen älteren Songs machte die Show komplett. Das restliche Publikum zeigte sich auch begeistert und wollte die Band einfach nicht von der Bühne gehen lassen, sodass es eine 10 Minütige Akkordeon Zugabe von Gitarrist Eric gab. Wer sich nicht völlig kaputt getanzt hatte, der musste sich den Bauch vor Lachen halten.

So ging ein schönes Festival mit vielen Höhepunkten und tollen Konzerten zu Ende. Nach einer Kurzen Nacht ging es dann auch direkt wieder in Richtung Heimat, der Osterbraten von Oma wartete ja.

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Steffen Neumeister