„Wenn ihr ihn den Bullen übergebt, dann spielen wir nicht weiter!“ Wohl der Satz des Samstags. Feine Sahne Fischfilet sorgen für einen politischen Diskurs, sehr früh am Tag. Vom Verfassungsschutz beäugt und von vielen Menschen vor der Bühne, vor allem für diese Zeit des Tages, gefeiert. Ein enthusiastischer Fan zündet eine Rauchbombe, kurz darauf stürmt die Security den Platz und versucht den Kollegen äußerst grob aus der Menge zu ziehen. Daraufhin stoppt die Band und droht nicht weiter zu spielen. Sie wollen kein Feinbild gegen die Sicherheitskräfte auf dem Festival aufbauen, jedoch sind sie gegen übertriebene Sanktionen. Das ganze hat Erfolg. Die Sicherheitskräfte lassen vom Rauchmann ab, auf der Bühne zündet Sänger Monchi ebenfalls einen Rauchtopf und eine weiteres bengalisches Feuer entfacht sich im Publikum. Atemberaubende Stimmung, ohne, dass jemand auch nur ansatzweise gefährdet wird. Eine gute Protestaktion der Band und ein stimmungsvolles Konzert obendrein.
Ist auch ganz gut, dass die Bands hier die Stimmung machen, das Konzertgelände selbst erinnert nämlich eher an eine vertrocknete Marslandschaft und sorgt nicht wirklich für ein besonderes Ambiente. Einer Band, der das jedoch völlig egal ist, sind die Monsters Of Liedermaching. Es ist immer wieder erstaunlich wie festivalgeeignet diese Band doch ist. Ein paar Typen auf Bierbänken, Akustikgitarren und Songs die sich so tief im Gehörgang einpflanzen, dass man das innere des Kopfes schon häuslich für sie einrichten möchte. Wer eben noch mit dicken Fragezeichen über dem Kopf vor der Bühne stand, der hat sich jetzt wohl schon mitsingend in den Akustikmoshpit gestürzt. Überwältigendes Teil, liebe Monsters. Definitiv.
Zebrahead kurz mitgenommen, wie immer der gleiche Blödsinn. Eine unfassbar dämliche Ansage, dass Politik nichts in der Musik verloren hätte, die meine Hand so feste gegen meine Stirn schlagen lässt, dass sie auf der anderen Seite des Kopfes fast schon wieder rauskommt. Macht eure Proletenpunkrocksuffundfeiereiistdaswichtigsteaufderweltparty mal schön ohne mich weiter.
Ganz und gar nicht unpolitisch geht es bei Jennifer Rostock zu. „Nazis raus, Schwanz rein“ ist deren Rat, den sie dem Publikum am Ende des Konzertes mitgeben. Jennifer Rostock ist eine Band, die Musikfans immer wieder spaltet. Oft als kleine Mädchenband verschrien, schaffen sie es trotzdem immer wieder ganze Festivals an sich zu reißen. Frontfrau Jennifer Weist weiß, wie man auch das männliche Publikum an sich bindet und die Songs sind sowieso zum großen Teil super. Warum also nicht? Heute hat die Band besondere Lust, das merkt man sofort. Pfeffi, eine ostdeutsche Spirituosenspezialität, kommt auf der Bühne auch nicht zu kurz und das alte Spiel bei denen zwei Fans einen Song auf der Bühne mitsingen dürfen, gibt es auch mal wieder. Machen einfach immer wieder Spaß, die Jungs und die Dame.
Sowieso immer wieder grandios sind NOFX. Die beste Punkrockband auf diesem Planeten. Keine Widerrede. Am nächsten Tag singt es Farin Urlaub während dem Konzert der Ärzte in Ist Das Noch Punkrock? ebenfalls: „Du solltest dich immer fragen: Was würde Fat Mike wohl sagen?“. Fat Mike sagt „Fuck you!“. Wenn ihm ein Fan im Publikum nicht gefällt, dann lässt er es ihn wissen. NOFX nehmen keine Rücksicht auf irgendwas und genau das macht diese Band zum besten was auf den Bühnen dieser Welt umherreist. Und heute geht es ordentlichst zur Sache. Das ist schon kein Moshpit mehr, das ist Krieg! In Redelaune ist die Band heute nicht so wirklich. Normalerweise schade, heute gibt es dafür aber ein Set, welches sich gewaschen hat. Höchstmotiviert zimmern die Helden des Skatepunks alles nieder was sich bewegt. Ein Bad Religion-Shirt tragend freut sich Sänger Fat Mike, dass genau eben diese Band vom Bühnenrand zuschaut. Dafür gibt es auch den Song I’m A Huge Fan Of Bad Religion.
Bad Religion bekommen später auch nochmal Fat Mike in voller Pracht zu spüren. Sturzbesoffen torkelt er während „21st Century Digital Boy“ ans Mikrofon, bis ihn Bad Religion-Sänger Greg wieder von der Bühne tritt. Aber auch ohne NOFX ist dieses Konzert einfach nur klasse. Ein Publikum welches wirklich Lust hat auf den Headliner der zweiten Bühne. Über 30 Jahre gibt es diese Band schon. Länger als es die meisten Zuschauer vor der Bühne schon gibt. Auch wenn der Alterschnitt schon gewaltig angehoben wurde, auf der Hauptbühne spielen nämlich grade Deichkind. Die Setlist ist einmal komplett durchgewürfelt und zeigt sich abwechslungsreich aus allen Schaffensperioden der Band. Ich stürze mich noch eine Weile in das Getümmel, tanze mir jeden Knochen blau und feiere jede einzelne Zeile die da von der Bühne kommt. Das hier ist nämlich eine besonders großartige Bad Religion Show.