Es ist schon toll zu sehen, wie etwas, das aus purem Herzblut entsteht einen solchen Erfolg einfahren kann. Im dritten Jahr lockt das Kosmonaut Festival knapp 15.000 Menschen an den Stausee Rabenstein in Chemnitz. Eine Erfolgsgeschichte.
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Es sind die viele kleinen Dinge, die dieses Festival von den anderen abgrenzt. Die Liebe zum Detail ist deutlich sichtbar, schon während man die ersten Schritte auf das Festivalgelände setzt. Dazu das Gelände, welches wohl, ohne übertreiben zu wollen, als das schönste Festivalgelände im deutschen Festivalzirkus zu bezeichnen ist. Direkt am See, hügelig, unter Bäumen, verwinkelt, überall Ecken in denen man selbst am zweiten Tag noch neue Dinge entdecken kann.
Dazu ein Line-Up, welches vielleicht nicht das innovativste ist, dafür aber absolut stimmig in sich, trotz der durchaus breit gefächerten Genreverteilung. Da spielt ein Thees Uhlmann ein Set auf der Hauptbühne am gleichen Tag, an dem Haftbefehl die zweite Bühne abreißt. Und beide Konzerte strotzen nur so vor Genialität. Während im Hause Uhlmann eher mit den Kopf genickt, sachte zur Musik getanzt und ab und zu mal mitgesungen wird, wütet der Mob bei Haftbefehl und pogt und gröhlt so vor sich hin, sodass selbst der sonst so abgebrühte Baba Haft durchaus mal mit einem Lächeln auf der Bühne zu sehen ist.
Initiatoren dieses Festivals sind die Band Kraftklub und dass sie nicht einfach ihren bekannten Namen zu Marketingzwecken hergeben, das merkt man deutlich. Überall wuseln die Bandmitglieder herum, packen mit an, helfen wo sie können, das hier ist ihr ganz eigenes Festival und da wird so wenig wie möglich aus der Hand gegeben.
Und so kommt es, dass sich auf diesem vergleichsweise kleinen Festival eben auch die großen Stars die Ehre geben. Die Beatsteaks freuen sich über das schöne Gelände und spielen, wie die britischen Kollegen von der NME es sagen würden, ein hit packed set für die 15.000. Bis auf das 14. Sekündige Stück Barfrau gibt es heute ausschließlich Singles zu hören. Da stört auch der Kreuzbandriss von Sänger Arnim nicht, der ihn für große Teile des Konzerts an einen Hocker fesselt. Die Stimmung kocht und die Spannung steigt, denn alles rätselt wer denn nun der geheime Headliner sein könnte. Und dieses Geheimnis wird sehr gut bewahrt. Selbst hinter der Bühne weiß so gut wie niemand bescheid und die wenigen, die es dann doch wissen, grinsen nur und rücken nicht mit der Sprache heraus.
Doch irgendwann muss auch mal der dickste Vorhang fallen und das geschieht zu den markanten Saxofon Tönen aus Marterias Oh Mein Gott, der Vorhang ist noch nichtmal komplett am Boden, doch die Menge vor der Bühne rastet völlig aus. Und Marteria bietet eben alles was ein Headliner so bieten muss. Inklusive Gastauftritt von Casper und kurzem Stromausfall, der der Show selbst aber nicht viel anhaben kann. Eine gelungene Überraschung, der Menge gefällt es.
Tag zwei beim Kosmonaut Festival gestaltet sich durchaus feuchter als der erste. Der Regen prasselt hinab, die Festivalisten suchen Schutz unter Bierständen und Bäumen doch die Bands auf der Bühne kann das nicht erschrecken.
In einer Regenpause nutzen Future Islands die Gunst der Stunde um eines der wohl fantastischten Konzerte des Wochenendes zu spielen. Die Band aus Baltimore spielt sich in einen Rausch, während der Sänger einige unfassbare Tanzmoves auf der Bühne vollzieht. Pure Emotionen spiegeln sich in den Augen der Bandmitglieder wider und die Menschen vor der Bühne werden in den Bann gezogen. 60 Minuten Lang der bizarr wirkende Spagat aus Tanz und dem Gefühl in jedem Moment in Tränen ausbrechen zu müssen. Eine Band, die so sehr die Emotionen der Menschen bei der Hand nimmt, wie es sonst nur ganz wenige können.
Emotionen, das können auch AnnenMayKantereit sehr gut. Vor einem Jahr spielten sie genau an dieser Stelle ihren ersten Festivalauftritt. Mittlerweile sind sie in den Startlöchern die nächste, große Popsensation zu werden. Die unfassbare Stimme von Sänger Henning dröhnt über das gesamte Gelände, sodass sie vermutlich auch noch am anderen Ende, auf der zweiten Bühne, auf der Vierkanttretlager grade spielen, wohl immer noch durch Mark und Bein geht. Und genau diese Stimme nutzen K.I.Z. für den Refrain ihrer neuen Single Hurra Die Welt Geht Unter, welche am heutige Abend erstmals vorgestellt wird. Doch
erst mal ist der K.I.Z-typische Abriss angesagt. Alle Hits, die üblichen Pöbeleien zwischen den Songs, die von allen so geliebte Großkotzigkeit der Deutschrap-Überväter, alles am Start. Doch dann kommt eben diese neue Single. So ganz ohne den üblichen Wortwitz, ganz ohne Ironie doch mit dieser unfassbaren Stimme im Refrain. Hurra Die Welt Geht Unter ist wohl der K.I.Z-untypischte Song überhaupt. Aber dafür vielleicht einer ihrer besten? Wahnsinns Gänsehautnummer.
Natürlich muss auch noch der Gastgeber ran. Die Haupbühne schließt am heutigen Abend natürlich Kraftklub ab. Wer auch sonst? Von Sekunde eins tobt der Mob vor der Bühne. Bengalos entzünden sich überall im Publikum und selbst bis ganz nach hinten, bis zum viel, von Frontmann Felix gelobten Burritostand steht alles Kopf. Kraftklub zimmern sich durch ihre beiden Alben und zeigen, dass auch vergleichsweise junge Bands Headliner können. Es ist schon ziemlich speziell 15.000 Menschen den Refrain zu Karl-Marx-Stadt in Karl-Marx-Stadt singen zu hören. Ein Triumphzug vor heimischen Publikum, ganz ohne Zweifel. Fast schon ein wenig zu glatt? Egal, macht Spaß.
Kosmonaut, der Erholungsurlaub mitten im Festivalsommer. Und wenn man von kleinigkeiten wie zu wenigen Toiletten und die dadurch reslutierenden Wartezeiten auf dem Gelände absieht, dann kann man nicht wirklich viel besser machen. Nächstes Jahr also bitte einfach genau so. Nur mit mir Klos und besserem Wetter. Dann wird’s wieder richtig klasse.