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So war’s: Noel Gallagher’s High Flying Birds in Berlin

Steffen Neumeister

Festivalfficionado, Fotodude

Neurobiologe, Festivalliebhaber. Verdient seine Brötchen mit Webseitenkonsulting (Strategische Planung, Erstellung, Pflege) bei 70six.de.

Noel Gallagher und seine High Flying Birds haben vor wenigen Tagen erst ihr neues Album Chasing Yesterday veröffentlicht. Die zugehörige Europatournee machte am Montag Abend Halt in Berlin.

Es ist der Moment, in der sich die Stimmung in der Berliner Max-Schmeling-Halle schlagartig löst. Noel Gallagher streicht mit dem Plektrum über die Saiten seiner Akustikgitarre und erzeugt damit die üblichen paar Akkorde, auf denen er eine Weltkarriere aufbaute. Aneinandergereiht ergeben diese Akkorde die Oasis Hymne Champagne Supernova. Bis hierhin war alles brav, Gallagher und seine Band spielten ein paar Songs der beiden Soloalben, das Publikum hörte aufmerksam zu und alles sah nach einem echt okayen Abend aus. Doch dieser eine Song bricht alle Dämme, Hände schnellen in die Höhe, Bierbecher werden geschwenkt und die Menschen singen aus tiefster Kehle mit, während sie sich in den Armen liegen. Man kann kaum verleugnen, dass viele Menschen eben wegen dieser Oasis Klassiker den Weg in die Mehrzweckhalle am Mauerpark gefunden haben, dabei bietet Gallagher so viel mehr.

Sein aktuelles Album Chasing Yesterday verzückt mal wieder mit erstklassigen Stadionrockhymnen und dem altbekannten Ohrwurmcharakter. Doch traut sich Noel Gallagher dieses Mal ein wenig mehr von den plattgetrampelten Pfaden, hinein ins Dickicht der Psychodelik und des Stoner Rocks. Vielleicht oft auch ein wenig schwere Kost für die Menschen heute Abend in der Halle, denn viel Zeit zum Gewöhnen an die neuen Songs gab es nicht, ist das Album doch grade erst frisch veröffentlicht. Doch dazwischen gibt es immer noch einige Kracher wie Lock All The Doors oder The Mexican, welche die Meute vor der Bühne zum tanzen bringen. Aber ein wenig schade ist es schon, dass es The Girl With X-Ray Eyes, der wohl beste Song des neuen Albums, heute Abend nicht in die Setlist geschafft hat.

Oasis sind bei weitem nicht die beste Britpop Band aller Zeiten. Da waren die Kollegen von Pulp oder Blur immer einen kleinen Schritt voraus. Schaut man jedoch mal auf die Soloambitionen der Kollegen Jarvis Cocker oder Damon Albarn (gut, Gorillaz mal ausgenommen) wird klar, wer der standhafteste Songwriter im Britpopgeschäft ist. Auch Gallaghers post-Oasis Songs sind zeitlose Werke, die auch in 20 Jahren relevant sein werden. Wie zum Beispiel einer der besten Songs den Noel Gallagher jemals schrieb. The Death Of You And Me. Und wo findet er sich wieder? Genau, auf seinem Solodebut und glücklicherweise auch in der heutigen Setlist. Unterstrichen vom mitgeschleppten Bläsersatz am Bühnenrand wohl einer der Höhepunkte des heutigen Abends.

Achja, da war ja noch was. Diese Oasis Songs, die hier irgendwie alle hören wollen. Die geraten bei Gallaghers Solokrachern wie AKA…Broken Arrow oder Ballad Of The Mighty I schon fast in Vergessenheit. Spätestens jedoch bei den ersten Tönen von Don’t Look Back In Anger sind sie wieder in der Luft: Die hochgerissenen Fäuste und die überschwappenden Bierbecher. Dass er mit The Masterplan den heutigen Abend abschließt, ist nur noch die Kirsche auf der Britpop Torte. Noel Gallagher is definietly Chasing Yesterday. Aber die Gegenwart sieht nicht weniger gut aus.

 

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