So war’s: Noel Gallagher’s High Flying Birds in Düsseldorf

Düsseldorf, 22:34Uhr. Ein Mann steht mit seiner Gitarre im strömenden Regen vor einer Halle in Düsseldorf und singt den Oasis Klassiker Don’t Look Back In Anger. Glückliche Menschenmassen ziehen vorbei, steigen mit ein, der eine oder andere wirft eine Münze in den schon durchnässten Filzhut der vor dem Musiker platziert ist. Die meisten jedoch eilen so schnell wie möglich zu ihrem Auto, um sich vor den unaufhörlich herabprasselnden Regentropfen zu retten. Schliesslich hatten sie den Song gerade erst vom Meister persönlich gehört.

Wir schreiben den Tag der deutschen Einheit. Die Menschen sind entspannt, konnten sie doch den ganzen Tag auf der faulen Haut liegen und sich auf den Konzertabend freuen. Noel Gallagher’s High Flying Birds gastieren heute in der Düsseldorfer Mitsubishi Electric Halle.

Jake Bugg, alle Fotos: Steffen Neumeister

Als Supportact ist Jake Bugg mit seiner Band mit dabei. Der junge Brite positioniert sich irgendwo im Dreieck zwischen Blues, Britpop und Country und schafft es das Publikum, welches ihn zum Großteil noch gar nicht kennt, sehr schnell auf seine Seite zu ziehen. Tanzbare Nummern sowie die ruhigen Songs zum Schwofen können allesamt überzeugen und bieten unfassbar unterhaltsame 30 Minuten. Eine Kunst die nicht jeder Supportact beherrscht.

In der Umbaupause wird ein Blick aufs Publikum geworfen. Auffällig unauffällig gestaltet sich dies. Bei Ende 20 bis Mitte 40 liegt wohl der Hauptanteil der Besucher. Nicht übermäßig viele Hipstergirlys, keine Punker mit bunten Haaren, keine betrunkenen Metalheads, völlig normale Leute eben. Vielleicht sogar ein bisschen zu normal.

Durch die Halle schallt indes Wartemusik in Konzertlautstärke. Jede Unterhaltung artet zwangsläufig in ein gegenseitiges Anschreien aus. Irgendwann gehen aber die Lichter aus und von einer Sekunde auf die andere richtet sich die komplette Aufmerksamkeit der Halle auf die Bühne.
Diese tränkt sich in komplett blaues Licht und wird von fünf schwarzen Schatten betreten. Der Jubel des Publikums schallt durch die Halle als ein einzelnes Spotlight auf den Hausherren des Abends gerichtet wird. Ein kurzes Nicken zu seinen Mitmusikern signalisiert, dass es losgehen kann.

Ohne große Show erklingen die ersten Töne von (It’s Good) To Be Free und die gesamte Anspannung, die bis zu dieser Sekunde in der Luft liegt, entlädt sich in einem Jubelschrei der Zuhörer. Alles in allem zeigt sich das Publikum über die ersten Songs aber höflich verhalten. So richtig aus sich rauskommen möchte niemand zuerst, denn erinnern wir uns: Hier in der Halle sind viel zu viele völlig normale Menschen, wer will da schon auffallen?

Doch spätestens bei If I Had A Gun, der ersten Solosingle Gallaghers, wird auch die letzte Kopfbarriere durchbrochen und die Stimmbänder zum Zereissen gespannt. Ab hier gibt es kein Halten mehr. Teilweise völlig fremde Menschen liegen sich in den Armen und singen lautstark die Songs, die sie und eine ganze Generation bewegten. Der Oasis Klassiker Supersonic in einer wunderschönen Akustikversion lässt die Gänsehaut bis unter das Hallendach steigen, aber auch Songs wie The Death Of You And Me von Gallaghers aktueller Soloplatte finden begeisterten Zuspruch.

Zwischendurch leistet sich Noel immer mal wieder ein paar Wortgefechte mit Personen in den ersten Reihen, die ihn scheinbar mit ihrer persönlichen Jukebox verwechseln und immer wieder Songwünsche in die stillen Momente zwischen den Songs reinbrüllen. In gewohnter Gallagher-Manier wird dieses Verhalten mit den feinsten britischen Schimpfwörtern im besten Manchester-Dialekt abgewatscht. So hat auch der Rest des mittlerweile ebenfalls angenervten Publikums seine Lacher.

Irgendwann muss auch mal das schönste Konzert zu Ende gehen, aber nicht ohne einen fulminanten Zugabenblock. Die letzten drei Songs sind keine geringeren als die Oasis Fanlieblinge Whatever, Little By Little und das alles übertreffende Don’t Look Back In Anger. Noch einmal liegen sich die Zuschauer in den Armen und brüllen die Songs so laut mit, als wäre es das letzte was sie in diesem Leben tun werden.
Der Abgesang auf einen wunderschönen, bewegenden, schlichtweg unterhaltsamen Konzertabend.

Und so gehen sie zufrieden hin, die Konzertjünger, und erhalten vor der Halle zum Abschied nochmal einen kleinen Nachschlag eines unbekannten Gitarristen.

 

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Steffen Neumeister