Hotspot, Konzerte

So wars: Tenacious D in Amsterdam

Steffen Neumeister

Festivalfficionado, Fotodude

Neurobiologe, Festivalliebhaber. Verdient seine Brötchen mit Webseitenkonsulting (Strategische Planung, Erstellung, Pflege) bei 70six.de.

Zum ersten Mal in ihrer 18 Jährigen Bandgeschichte trauen sich Tenacious D auf europäisches Festland. Die beiden Shows bei Rock am Ring und Rock im Park begeisterten das Festivalpublikum, doch jetzt ist es an der Zeit die wahren Fans zu beglücken. Tenacious D in der Heineken Music Hall in Amsterdam.

Tenacious D in Amsterdam

Vorweg muss ich vielleicht erstmal erklären, was mir diese Band bedeutet. Im zarten Alter von 15 habe ich zum ersten Mal „Tribute“ gehört. Seitdem sog ich alles, was mit dieser Band zu tun hat in mich auf. Der Musikgeschmack entwickelte sich, doch Tenacious D blieben immer eine der wenigen konstanten Lieblingsbands. Und jetzt, nach 6 Jahren Fandasein, habe ich die Ehre, diese Band live zu sehen.

Schon die Kartenbeschaffung gestaltete sich kritisch. Die 7000 Zuschauer fassende Heineken Music Hall war binnen 20 Minuten ausverkauft. Glücklich also, wer sich als Besitzer einer Eintrittskarte bezeichnen kann.

Bereits um 13Uhr am Mittag belagern die ersten Fans die Einlasschleusen vor der Halle. Wie Tiere im Zoo sitzen sie da zwischen den Gittern, amüsiert beäugt von den Passanten des Arena Boulevards, einer großen Einkaufsstraße auf der sich der Eingang der Halle befindet. Regen und unangenehme Temperaturen scheinen ihnen nichts auszumachen, ich jedoch bevorzuge lieber Schlendereien durch die Einkaufspassage.

Pünktlich zum Einlass stehe jedoch auch ich wie ein kleines Kind zu Weihnachten in der Schlange. Der Einlass läuft schnell und ohne Probleme und schon ist man drin in der imposanten Halle. Erstmal einen guten Platz sichern und wieder warten.

Zuerst auf die Supportband: Das sind The Bots aus Kalifornien. Zwei Jungs, maximal 15 Jahre alt, spielen feinsten New York Hardcore. Und wer meint, dass man das nur gut findet, weil die beiden Jungs ja so niedlich sind, der irrt. Musikalisch absolut einwandfrei und auch im Umgang mit der Livesituation sind keine Makel zu entdecken. Endlich mal wieder eine Vorband, die es schafft, das Warten auf den Hauptact zu verkürzen.

Jetzt jedoch ist die Zeit gekommen. Die Zeit für das erste Tenacious D Einzelkonzert auf europäischem Festland. Im Zuschauerraum breitet sich Unruhe aus. Die zahlreich angereisten deutschen Fans spekulieren über die Setlist oder die Länge der Show. Die Holländer tun vermutlich das gleiche, nur versteh ich die nicht.

Von einer Sekunde auf die andere erstickt das bunte Getuschel und schwenkt in unermesslichen Jubel um. Das Licht in der Halle erlischt und Tenacious D betreten unter den Freudeschreien von 7000 Zuschauern in der Halle die Bühne.
Bereits während der ersten Takte des Openers „Rize Of The Fenix“ ist eines klar: Das heute wird ein Triumphzug. Das Publikum ist hungrig, viel zu lange haben The D in Europa auf sich warten lassen. Jeder Taktschlag wird mit einem lauten „hey!“ begleitet und den einsetzenden Gesang von Jack Black nimmt man kaum war, da das Amsterdamer Publikum die Soundanlage der Halle zu übertönen weiß.

Im Bühnenhintergrund schwillt langsam der Korpus des Phoenix, der auch auf dem Cover des aktuellen Albums zu sehen ist, an. Ähnlichkeiten mit männlichen Geschlechtsorganen sind natürlich reiner Zufall.
Mit einsetzendem Refrain kennt auch das Publikum kein Halten mehr. Kein Platz in der Halle, zumindest im Innenraum, an dem man in Ruhe stehen kann. Wenn das mal kein bestechender Konzertbeginn ist, dann will ich ab sofort Pur-Fan sein.

Sechs Songs des neuen Albums gibt es zu Beginn und jeder einzelne wird gefeiert wie ein Klassiker.
Das Publikum gestaltet sich bunt gemischt: Der Metalhead mit Slayer-Shirt tanzt mit dem Indie-Blumenkind im Frank Turner Zipper. Väter mit Söhnen auf ihren Schultern gröhlen gemeinsam die meist nicht ganz jugenfreien Texte mit und verliebte Pärchen liegen sich in den Armen um sich im nächsten Moment gegenseitig in den Moshpit zu werfen.
Nach kurzer Saxaboom Zwischeneinlage gibt es den ersten Klassiker des Abends. „Kielbasa“ läutet den Extaseteil des Konzertes ein, welcher sich ab jetzt bis zum Ende erstreckt. „Kickapoo“ treibt das Publikum zu einer solch enormen Mitsinglautstärke, dass selbst die Ajax-Fans in der angrenzenden Amsterdam-Arena vor Neid erblassen würden.

Die Liveband, unter anderem aus Brooks Wackerman, dem Bad Religion Drummer bestehend, zeigt ein enorm hohes musikalisches Niveau. Keine Patzer und keine Verspieler, die durch den perfekten Sound in der, rein für Konzerte gebauten, Halle sofort auffallen würden. Diverse Showeinlagen sorgen neben der musikalischen Perfektion für eine broadwayreife Abendunterhaltung. So ist zum Beispiel E-Gitarrist John Konesky von Satan besessen, welcher ihm dann in Form von „Beelzeboss (The Final Showdown)“ wieder ausgetrieben wird.

Den dramaturgischen Höhepunkt bietet natürlich Überhit „Tribute“. Was sich hier im Publikum abspielt ist kaum in Worte zu fassen und auch ich wische mir eine Freudenträne aus dem Auge, schließt sich doch in diesem Moment ein Kreis, der sechs lange Jahre viel zu offen für mich war. Das vermeintliche Ende des Konzertes bietet „Double Team“,  in dem die gesamte Band noch einmal vorgestellt wird und ein Solo spielen darf.

Der Song ist vorbei, die Band verabschiedet sich und das Licht geht an. Roadies beginnen mit den ersten Aufräumarbeiten auf der Bühne, jedoch wollen die Menschen die Halle nicht verlassen und fordern so laut eine Zugabe, dass sich Jack und Kyle doch noch dazu bewegen können zwei Akustiksongs zu spielen. Das Licht wird nochmal gedimmt, die Roadies der Bühne verwiesen und das Publikum wird mit „Baby“ und „Fuck Her Gently“ in den wohlverdienten Feierabend geschickt.

Sechs Jahre warten für 100 Minuten Tenacious D. Und jede einzelne Sekunde war es Wert.

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