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Sommerfeeling im Winter, die Beatsteaksche Boombox ist da!

Steffen Neumeister

Festivalfficionado, Fotodude

Neurobiologe, Festivalliebhaber. Verdient seine Brötchen mit Webseitenkonsulting (Strategische Planung, Erstellung, Pflege) bei 70six.de.

Was kommt raus, wenn sich 5 Musiker 4 Jahre aus dem Studio zurückziehen und sich dann entscheiden gar nicht mehr dorthin zurückzukehren? Ganz klar: Die beste Proberaumplatte der letzten Jahre!

Wenn man sich die CD anhört, fragt man sich zurecht, welchen Nutzen Tonstudios überhaupt noch haben, wenn solche Alben in kompletter Eigenregie entstehen können. In den letzten Tagen konnte man meinen, dass außer den Beatsteaks keine andere Band mehr existieren würde, so groß war der Trubel um das neue Machwerk der 5 Berliner. Erinnert sei an die Albenpräsentation unter kreischendem Live-Publikum und gut gelaunten Beatsteaks in bester Scherzlaune.

Wenn man die CD einlegt, merkt man eines direkt: Es sind nicht die Beatsteaks von vor 4 Jahren,  aber die Beatsteaks. Der leicht verstörende aber doch drückende Opener Fix It lässt viel Spekulationsfreiraum übrig, die Gitarren schwingen durch den Raum wie eine aus dem Takt gekommene Standuhr und Arnim Teutoburg-Weiß´Gesang bewegt sich zwischen Aggressivität und Leichtigkeit. Was anfangs ziemlich durcheinander wirkt, wird im Laufe des Songs zu einem komprimisslosen Brett aus gebündelter Chaosenergie.

BOOMBOX
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Wer diesen doch recht anstrengenden Einstig ins Album geschafft hat, wird erstmal mit vertrauten Tönen belohnt. Die schon seit längerem bekannte Vorabsingle Milk & Honey schwingt sich leicht wie ein Heliumballon aus den Boxen und verzaubert mit seinem Mix aus Klavierklängen und dem alteingesessenen Trio Gitarre, Bass und Schlagzeug die Hausfrau genauso wie den Punkrocker. Das bereits bekannte Video vermittelt einen Aufruf zur geradezu stoischen Gelassenheit.

Über das etwas düster dröhnende Cheap Comments kommt man eher schwer hinweg, ist er doch einer der wenigen Durchhänger der Platte, welchem sich aber direkt eines der Highlights anschließt.

Let´s See ist ein lupenreines Ska-Stück, hier wird keine Snaredrum zum Tanzen gebraucht, der Offbeat wummert durch die Gegend und selbst der Orgelverspieler von Peter Baumann bringt Charakter in dieses tolle Stück.

Mit Bullets From Another Dimension werden die ersten Backpfeifen verteilt. Der wild wütende Thomas Götz am Schlagzeug versohlt sein Instrument aufs allerfeinste, während der melodiöse Refrain die Pflaster auf die Wunden legt, welche kurz darauf wieder aufgerissen werden.

Weitaus weniger wild geht es in Under A Clear Blue Sky zu. Peter Baumann bewegt sich mit feinstem Schulenglisch auf beatlesken Melodien, welche dann von Gesangsspezialist Arnim in einen Refrain abgeholt werden, wie er auch auf einer der neueren Biffy Clyro Platten zu finden sein könnte.

Um den Umbruch nicht allzu hart zu gestalten, wird mit Acces Adrenaline ein netter, radiotauglicher Pop-Rock Song eingeschoben, der nicht stört – vermissen würde man ihn bei Fehlen aber auch nicht.

Wem die Backpfeifen 2 Songs zuvor gefallen haben, der wird den Schlag ins Gesicht, der nun folgt lieben! Schreihals Bernd Kurtzke lässt seine Stimmbändern in Behavior ohne Steuerung schwingen. Der 1:13 lange Punkkracher überzeugt mit Energie und einem Protestaufruf gegen die vermeintlich böse Modeindustrie: “I´m not gonna wear your shirt”, knallt es einem im Refrain entgegen, die wohl eingängigste Zeile des ganzen Albums.

Nach ausgiebigem Gepoge im Wohnzimmer, kann nun wieder mit dem Hintern gewackelt werden. Die langsame Offbeat Nummer Automatic könnte wohl ein großer Sommerhit werden. Musikalisch passiert nicht viel im Song, braucht es auch gar nicht. Das 5 Minuten Stück bewegt sich zwischen Reggae und Ska und verbreitet gute Laune. Am Ende kommt sogar noch Thorsten Scholz´Tochter zu Wort.

Alright könnte man wohl am besten als Rock-Schunkelnummer im 3/4 Takt beschreiben. Allerdings schunkeln hier keine Rentner im Musikantenstadel, sondern gut gelaunte Rockfans auf einem Festival. Beim hören will man eigentlich schon in der Kühlbox nach eiskaltem Dosenbier greifen.

Zum Schluss gibts dann nochmal einen treibenden, melancholischen Part. House On Fire könnte man in einer  Rockdisco genauso wie im Radio spielen, eine gelungene Mischung aus massenkompatibelem Pop und anspruchsvollem Rockstück.

Die Beatsteaks sind zurück, die Pause hat anscheinend gut getan und die Entscheidung dieses Album im Proberaum aufzunehmen war wohl die richtige. In den Winter passt es nicht so recht. Aber vielleicht ist es ja ein Appell an den Frühling, gefälligst die ersten Blüten aus dem frostigen Boden hervorzutreiben.

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