Ein Zusatzkonzert vorm eigentlichen Termin? Klingt komisch, ist aber so. Die letzten werden die ersten sein, Berlin völlig außer Rand und Band.
Heimspiel in der Max-Schmeling-Halle. Die Beatsteaks öffnen ihr Wohnzimmer und 12.000 Besucher strömen hinein. Ausverkauft. Logisch! Doch bevor die Beatsteaks
ihre Gäste bewirten, wird erst mal den Wienern von Bilderbuch das Zepter überlassen. 30 Minuten, eigentlich viel zu kurz, zeigt die Band warum sie als der neue, heiße deutschsprachige Scheiß gehandelt wird. Newcomer sind es trotzdem nicht. Bereits zwei Alben haben Bilderbuch auf dem Buckel und sind in ihrem Heimatland Österreich schon lange kein unbeschriebenes Blatt mehr. Die Beatsteaks verhelfen nun auch hier zum Ruhm. Sänger Maurice, von einigen Fans gerne auch einfach nur „Sex“ genannt, schwingt seine Hüften während sein wasserstoffblond bedeckter Kopf am Mikrofon klebt. Er singt von Joghurt auf der Bluse oder von feinster Seide, völlig absurd und doch so gut. Eine gute Wahl der Beatsteaks grade diese Band mit auf Tour zu nehmen, auch wenn nicht jeder im Publikum die Qualitäten zu schätzen weiß.
Während Bilderbuch eher auf subtile Unterhaltung setzen, kommen die Beatsteaks mit dem Vorschlaghammer um die Ecke. Erster Song? Summer! Zweiter Song? D.N.A.! Berlin? Tanzt! Aber so richtig. Die Oberränge der Tribünen in der Max-Schmeling-Halle schwingen wie die Tragflächen einer Boeing im Wind. Sänger Arnim wird im Laufe des Konzerts vom „schönsten Zusatzkonzert aller Zeiten“ sprechen. Und wenn man so auf der Tribüne sitzt und von oben die Menge beobachtet, dann nimmt man ihm das gerne ab. Pure Zerstörung, Stimmgewalt und Euphorie schwebt in der Luft. Klassiker wie Shiny Shoes unterstreichen dies noch einmal. Die Beatsteaks feiern heute ein Homecoming welches sich gewaschen hat. Als wenn sie ihren Freunden und ihrer Familie im Publikum sagen wollten „guckt mal was wir auf Tour gelernt haben!“. Doch lernen müssen diese Alten Hasen im Geschäft doch schon lange nicht mehr.
Die Beatsteaks sind seit Jahren eine spektakuläre Liveband. Welche Reaktionen will man denn da noch auf eine positive Konzertkritik erhoffen? „Ja natürlich waren die gut!“ ist die einzig logische. Konzertkritiken sind bei ihnen eigentlich überflüssig. Und trotzdem schreibe ich hier grade eine. Denn das Konzert am gestrigen Abend überstieg das übliche Beatsteaks Level nochmal um einige Stufen. Egal ob Ain’t Complaining als Balladenversion oder Jane Became Insane Pogogewitter. Den ganzen Abend brennt die Luft.
Und so kommt es, dass Berlin ihre Söhne der Stadt auch nach der dritten Zugabe nicht gehen lassen will. Das Saal-licht ist schon lange an, aus den Boxen dröhnt der Hip Hop Klassiker „Jump Around“ von House Of Pain und die ganze Halle hüpft und singt, als wenn die Beatsteaks diesen Song grade live performen würden. Langsam leert sich der Saal. An den Garderoben werden schon fleißig Jacken ausgehändigt und einige hat es schon hinaus in die kalte Novembernacht verschlagen. Doch da kommen sie noch einmal. Die Beatsteaks wissen, das sie ihrer Heimatstadt etwas schuldig sind. Noch einmal schnallen sie sich die Instrumente um. Atomic Love heißt der nun wirklich letzte Song des Abends. Und irgendwie schwappt die Stimmung grade noch mehr über als sie es schon den Rest des Konzertes tat. Das hier ist eine Belohnung. Und das wissen die Berliner zu schätzen. Einmal schreien sie alle noch einmal den Refrain mit. „Ohhhhooohhhhoohh this is atomic love!“. Yes it is! Beatsteaks in Berlin, das sind immer wieder Konzerte die sehr Lange im Gedächtnis bleiben.