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Wie viel verdient ein Künstler eigentlich an einem Album? – Ein Überblick am Beispiel Bodi Bill

Lisa Koschate

Festivalfficionado, Fotodude

Neurobiologe, Festivalliebhaber. Verdient seine Brötchen mit Webseitenkonsulting (Strategische Planung, Erstellung, Pflege) bei 70six.de.

Dass kleine Bands kaum noch Gewinn mit ihren Plattenverkäufen machen, ist schon länger bekannt. Wie wenig es wirklich ist, erfuhr on3, der Jugendradiosender des Bayrischen Rundfunks, von der berliner Elektro-Band Bodi Bill.

CDs: Als Geschäftsmodell ausgedient?

Eine ausverkaufte Tour und gute Kritiken für ihr neues Album “What?” sprechen schon von einem gewissen Erfolg. Natürlich sind sie noch nicht vergleichbar mit Adele und ihren sechs Grammys, eine kleine Provinzband ist es aber auch nicht.
Für on3 legten sie jetzt mal die Gewinne, die sie durch den Verkauf ihrer Musik machen, offen.

Schon beim klassischen CD-Verkauf sieht man, wie viele Abgaben ein Künstler machen muss. Zunächst wären da natürlich die 19% Mehrwertsteuer, außerdem 25% für den Händler und 21% für den Vertrieb. Zudem müssen Abgaben an die GEMA geleistet, sowie die Herstellungskosten gezahlt werden; im Idealfall landet etwa die Hälfte des Verkaufpreises beim Label.
Geht man nun also von einem durchschnittlichen CD-Preis von 15€ aus, so gehen davon etwa 2,40€ für die Mehrwertsteuer drauf. Circa 3,04€ bekommt der Verkäufer und ungefähr 1,91€  behält der Vertrieb. Das Label bekommt im Endeffekt pro verkaufter CD etwa 7,20€, wovon – zumindest im Fall von Bodi Bill – 40% an die Band geht. Sprich: wir bezahlen 15€ im Geschäft, die Band bekommt davon gerade mal 2,88€, was also in etwa der Höhe der Mehrwertsteuer entspricht. Mit diesem Wert liegt die Band allerdings noch leicht über dem Durchschnitt. Andere deutsche Indiebands bekommen etwa zwischen 1,90€ und 2,60€ pro CD.
Kauft man die CD hingegen auf einem Konzert oder im Online-Shop, fallen zumindest die Kosten für Vertrieb und Händler weg und die Band erhält fast das Doppelte – diese Möglichkeit sollte man also so gut es geht nutzen, um den Künstler zu unterstützen.

Seit einigen Jahren gibt es außerdem die Möglichkeit, Alben legal bei beispielsweise Amazon und iTunes runterzuladen. Auch hier bekommt der Künstler 19% des Verkaufpreises, allerdings kosten die Alben generell weniger – in diesem Fall nämlich 7,70€ bzw. 8,99€ -, wodurch der Gesamtgewinn des Künstlers um über einen Euro verringert wird. Die Band bekommt pro heruntergeladenem Album nur 1,70€ bzw. 1,73€. Bei einzelnen Songs – die Preise liegen bei 77 Cent bzw. 99 Cent – bekommt die Band zwar 20%, was im Endeffekt aber auch lediglich 17, bzw. 19 Cent entspricht.

Ein relativ neuer Trend ist das Streaming, von vielen verteufelt, von anderen intensiv genutzt. Dabei zahlt man – je nach Art des Abos – zwischen 5 und 10€ und hat einen Monat die Möglichkeit auf eine riesige Musikbibliothek zuzugreifen. Erst seit ein paar Tagen ist zum Beispiel Spotify in Deutschland verfügbar.
Für den Nutzer ist das ganze natürlich von Vorteil: man zahlt einen niedrigen Betrag und kann dafür unbegrenzt Musik hören – und das sogar legal. Der Künstler hat davon allerdings nicht viel. Pro gestreamtem Song bekommt er bei Simfy 0,001248€, bei Spotify 0,001312€, also Beträge, die erst ab einer sehr hohen Zahl von Streams wirklich lukrativ werden. Im November 2011 hat Bodi Bill beispielsweise 6,20€ für etwa 5300 Streams von Simfy bekommen – so viel wie durch zwei verkaufte CDs.

Im Gegensatz dazu können sich die knapp 15.100€, die sie durch den Verkauf von 3.700 CDs und 1.100 Vinylplatten eingenommen haben, schon fast sehen lassen. Durch Downloads wurden immerhin nochmal 4.300€ in die Kasse gespült.
Dass diese 15.000€ aber nicht bei komplett beim Künstler ankommen, kann man sich mittlerweile schon fast denken, schließlich müssen auch die Produktion und die Herstellung finanziert werden und auch an die GEMA müssen Abgaben geleistet werden.
Im Endeffekt bleiben Bodi Bill also von 19.400€ etwa 7.400€ und das für drei Jahre kreative Arbeit. Hätte ein Bandmitglied nicht sogar ein Tonstudio zur Verfügung gehabt, hätten sie im Endeffekt wohl kaum Gewinn gemacht, da die Produktionskosten sehr viel höher gewesen wären.
Allerdings muss man bei der ganze Sache bedenken, dass es sich hierbei wirklich nur um den Gewinn aus Plattenverkäufen handelt. Schon seit geraumer Zeit ist bekannt, dass zumindest kleine Bands den größten Gewinn aus Konzerten und Merchandising ziehen. Wie viel Bodi Bill also wirklich mit ihrem Album verdient haben, ist nicht ersichtlich.

 

Für die heutige Art des Musikkonsums gibt es meiner Meinung nach aber eine relativ einfache Erklärung – Einfachheit entspricht hierbei aber nicht Akzeptabilität!
Dafür muss man sich nur mit ein paar Menschen unterhalten oder Kommentare auf Facebook lesen. Dass legale Downloads eher weniger Anklang finden, erkläre ich damit, dass viele Menschen sagen, dass sie etwas physisches haben möchten, wenn sie für Musik bezahlen. Verständlich, wie ich finde. Viele Bands stecken ja neben der Musik auch viel Arbeit in das Cover-Artwork und das Booklet.
Dann gibt es Leute, die erst gar keine CDs kaufen, weil sie bereits wissen, wie viel von den durchschnittlichen 15€ beim Künstler ankommen. Diese Leute gehen lieber auf Konzerte oder kaufen sich Merch der Band. Meiner Meinung nach ist das ebenfalls verständlich und um diese Leute nicht zum illegalen Download zu verleiten, sehe ich auch die Streamingdienste als gute Möglichkeit – jedoch mit Einschränkungen!
Viele Leute sagen, dass es nicht sein kann, dass ein Künstler nur einen wirklich minimalen Betrag bekommt. Hört man beispielsweise das Album von Bodi Bill bei Simfy fünfmal, so bekommt er für diese 50 Wiedergaben 0,0624€. Dass das ein wirklich indiskutabel kleiner Betrag ist, steht außer Frage. Denkt man dann aber ein bisschen weiter, kann man das ganze als gute PR-Plattform sehen. Immerhin besteht die Möglichkeit, dass die Person nach zwei Hördurchgängen so begeistert ist, dass sie das Album doch im Original kauft, vielleicht noch auf ein Konzert geht und die Band im Freundeskreis bekannt macht.
Außerdem kann es genauso gut sein, durch die vorgeschlagenen ähnlichen Künstler auf andere, kleine Bands zu stoßen, an denen man Gefallen findet, die man sonst aber nicht kennengelernt hätte. Oder andersrum: wer weiß, wie viele Menschen ursprünglich einen anderen Interpreten gehört haben und dann über zwei Ecken auf Bodi Bill gestoßen und absolut begeistert sind? Natürlich geht die ganze Geschichte auch über Youtube oder lastfm, allerdings kriegen die Künstler da überhaupt nichts, selbst wenn ihr Lied 500 Mal gehört wird.
Zudem empfinde ich Streamingdienste als gute Möglichkeit, vor dem Kauf in ein Album reinzuhören. Wenn ich 15€ für ein Album bezahle, möchte ich ich zumindest vorher wissen, ob mir der Inhalt überhaupt zusagt, gerade wenn man finanziell nicht die Mittel hat, sich wirklich alle Alben der Künstler zu kaufen, die man gut findet.

Trotz all den guten Seiten bleibt natürlich ein bitterer Beigeschmack. Der Künstler hat viel Zeit und Kreativität in ein Album gesteckt und bekommt bei Streamingdiensten kaum etwas, obwohl der Konsum durchaus vorhanden ist. Und natürlich besteht zu keiner Zeit die Garantie, das die Exzessivhörer das Album im Endeffekt wirklich kaufen – wo sie doch sowieso schon uneingeschränkten Zugriff darauf haben.

(via)

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