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Rolling Stone Weekender: 7 Neuzugänge

Thomas Peter

Festivalfficionado, Fotodude

Neurobiologe, Festivalliebhaber. Verdient seine Brötchen mit Webseitenkonsulting (Strategische Planung, Erstellung, Pflege) bei 70six.de.

Es ist zugegeben noch eine Weile hin bis Mitte November. Dann aber wird der Rolling Stone Weekender sich wieder für ein Wochenende in der Ferienanlage Weissenhäuser einnisten. Zusammen mit sieben neuen Musikgruppen. Zu den neun bereits bekannten Namen stossen -wie gewohnt- dem breiten Publikum eher unbekannte Bands. Konkret: Father John Misty, Hannah Cohen, Phantogram, Polica, Two Gallants, Vadoinmessico und Van Dyke Parks.

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Das Festival zu seinen Neuzugängen:

Schon als Drummer und Mit-Sänger der großartigen Fleet Foxes stellte Josh Tillman sein Talent unter Beweis. Unter dem etwas sonderbaren Projektnamen Father John Misty kehrt er nun als ausgeruhter und ausgereifter Solo-Künstler zurück. Wirklich überraschend ist diese Entscheidung aber nicht – schließlich hat der Multiinstrumentalist vor und während seiner Zeit bei den Fleet Foxes wieder Soloarbeiten veröffentlicht. Jetzt hat er als Vater Misty wieder einmal die Schlagzeugstöcke bei den Fleet Foxes zur Seite gelegt, um sich komplett auf sein eigenes Songwriting zu konzentrieren. Herausgekommen sind üppig arrangierte, fantasievolle und ambitionierte Songs, gesungen von der wohlklingenden, warmen Stimme Tillmans, die mühelos den Raum erfüllt und der man einfach gern zuhört.

Am 16. April 2012 erschien das Debüt-Album “Child Bride” von Hannah Cohen. Das aus San Francisco stammende Ex-Model leitete damit eine zweite Karriere als Singer-Songwriterin ein – und liefert mit ihrem Erstling gleich einen echten Knaller ab. Nicht im Sinne eines Paukenschlages, der einen von den Füßen reißt – das würde auch nicht zu ihrem fragilen, fast unwirklichen Sound und der wunderbaren Stimme passen – sondern eher wie eine feine Melodie, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen will. Durchaus üppig instrumentiert und produziert, wirken die Songs von Hannah Cohen trotzdem wunderbar reduziert, sind federleicht und grazil, ohne ihre Kraft und Substanz zu verlieren. Vielleicht nicht für eine rauschende Party, sondern mehr für eine Überlandfahrt im Regen geeignet, beschwören die Lieder der 25-jährigen Wahl-New Yorkerin einen wunderbaren melancholischen Zauber herauf, der ihre Konzerte zu ganz besonderen Momenten macht.

Joshua M. Carter und Sarah D. Barthe kennen sich schon lange. Genauer gesagt seit ihrer Schulzeit in Saratoga Springs. Allerdings hat das Duo, das Phantogram bildet, sich erst ein wenig aus den Augen verloren, bevor sich die beiden 2007 wiedertrafen und vom Stand weg ihr Elektro-Projekt zu gründen. Zunächst unter dem Namen Charlie Everywhere, später dann zur ersten Veröffentlichung hin als Phantogram, erspielten sie sich rund um ihre Heimatstadt einen gewissen Kultstatus. Heute haben sie vor den Toren des Kleinstädtchens ihre eigene Scheune, in der sich ihr Aufnahmestudio Harmony Lodge befindet. Der Name ist Programm: Die beiden sagen von sich, sie seien gut befreundet und könnten sich immer aufeinander verlassen. Das merkt man vor allem, wenn die beiden auf der Bühne stehen und ihren Elektropop mit Esprit live spielen. Was auf der Debütplatte „Eyelid Movies“ ziemlich entspannt und schwebend daherkam, wurde bei ihren Auftritten zu einer explosiven Mischung aus coolem Understatement und starker Tanzmusik, die ziemlich in die Beine ging. Aber diese außergewöhnliche Mischung machte gerade den Spaß aus, und er ist auch auf der jüngsten Veröffentlichung, der EP „Nightlife“ zu spüren. Phantogram gehört zu den seltenen Fällen, in denen zwei Musiker ihre Zuhörer gleichzeitig anregen und relaxen, sie tanzen und fliegen lassen.

Entstanden im Gayngs-Umfeld, gegründet im vergangenen Jahr von Produzent Ryan Olson und der faszinierenden Sängerin Channy Leaneagh, begeistert Poliça allerorten mit ihrem cleveren „electronic pop-soul outfit“, das sich durch die elf Songs des Debütalbums „Give You The Ghost“ zieht und den Schnittpunkt zwischen Pop und digitalisiertem R&B neu definiert. Olsens Feingefühl für Popmusik und elektronische Abenteuerlust entpuppten sich als ideale Unterstützung bei der Entwicklung Leanaghs zur ausdruckstarken, dynamischen Sängerin. Bemerkenswert wie zart, roh und emotionsgeladen die Stimme trotz der synthetischen und bewussten Entfremdung mit Auto-Tune die Songs dominiert und trägt. Hier wird die Stimme nicht verändert, um ihr einen besseren Klang zu geben oder etwas darzustellen, was in Wahrheit gar nicht da ist. Hier wird mit technischer Hilfe ein ätherischer Schwanengesang erzeugt, der für sich spricht und der sein gewagtes, aber wunderschönes Spiel spielt mit dem Rest der Band. Die ungewöhnlichen zwei Schlagzeuger treiben den Rhythmus voran und sorgen für eine perkussive Vielfalt. Der Bass mäandert durch die Stücke und trägt sie voran. Man fasst es kaum: Langhaarige Indie-Rocker spielen langsame R&B-Kracher, gemischt mit Elektronica. Poliça spielt einzigartigen Pop, der live ein ungewöhnlich dichtes Hörerlebnis verspricht.

Aus zwei mach eins: Nach mehrjähriger Pause vereinen sich Adam Stephens und Tyson Vogel wieder zu der Band Two Gallants. Wie erwartet, hat die Auszeit ihrer Freundschaft nicht geschadet – schließlich kennen sich Stephens und Tyson schon seit dem Kindergarten – und auch musikalisch ist davon überhaupt nichts zu spüren: Im September erscheint nach fünf Jahren endlich ihr viertes Album „The Bloom And The Blight”, auf dem die beiden galanten Herren nach eigenen Aussagen nicht nur musikalisch das vielbeschworene nächste Level erreichen, sondern auf der Reise dorthin auch eine Vielzahl neuer Wege entdeckt haben. Live vollführen die beiden lediglich mit Gitarre, diversen Effektgeräten, Mundharmonika, einem kleinen Drumset und ihren Stimmen bewaffnet, eine wahre „Tour de Force“ durch ihren rauen Soundkosmos aus Folk Noir und Indierock, knarzigem Country und Punk.

Vadoinmessico aus London ist eine Patchwork-Band par excellence. Das betrifft nicht nur die Bandmitglieder selber – fünf Musiker aus vier verschiedenen Ländern – sondern auch die Musik, denn wo so viele unterschiedliche Einflüsse zusammenkommen, da wird auch der Klang speziell: Alternativ-folkig, mediterran, verspielt und psychedelisch angehaucht. Der Sound vermischt gekonnt lateinamerikanische und europäische Rhythmen. Man merkt der Band an, dass sie die Musik der 50er und 60er ihrer jeweiligen Heimatländer – Mexiko, England, Italien und Österreich – genauso aufgesogen hat wie die britischen und amerikanischen Rock’n’Roll-Wurzeln.

Gemessen an seinem Einfluss auf die Musik des 20. Jahrhunderts, müsste der Bekanntheitsgrad von Van Dyke Parks eigentlich um ein Vielfaches größer sein: 1943 in Mississippi geboren, war Parks schon als Kind extraordinär; ein musikalisches und schauspielerisches Wunderkind, aus dem ein genialer Sessionmusiker, Komponist, Produzent, Arrangeur, Songwriter und Sänger wurde. Ein Mann, der mit den ganz Großen des Musikbusiness gearbeitet, sie inspiriert und zu Ruhm geführt hat. Seine eigenen musikalischen Projekte brachten ihm zwar keinen großen kommerziellen Erfolg, dafür aber den Ruf eines einzigartigen Visionärs ein. Seine raren Konzerte sind eine Verknüpfung seiner bekanntesten Songs mit einer Auswahl von Stücken, die den ganzen Reichtum angloamerikanischer Musik widerspiegeln – und ein garantiert unvergessliches Highlight.

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