Was der Großkampf im Festivalmarkt mit den kleinen macht

“Wer sind hier eigentlich die Guten?” Am Ende ist es diese Frage, die bei der Reeperbahn-Session über “Mega-Festivals” als mögliche Gefahr für den Konzerte veranstaltenden Mittelstand offen bleibt. Besagter Mittelstand, vertreten durch Landstreicher Booking, Four Artists, Konzertbüro Schoneberg und Gastspielreisen Rodenberg, ist  sich erst mal ziemlich einig: Probleme auf dem Festivalmarkt, ja. Aber wir machen das schon. 

Ausgangspunkt ist die gleiche Geschichte zum Festivalmarkt 2015, wie sie leierkastenartig auf der Konferenz des Reeperbahn Festivals wiederholt wird: Die DEAG steigt mit Großfestivals in den Festivalmarkt ein (Rock im Revier/Rockavaria), wirft mit Großgagen um sich. FKP Scorpio will im Wettbieten nicht mitmachen – und verzichtet bei Hurricane/Southside auf Headliner erwarteter Größenordnung. Die Lieberbergs bestehen mit Rock am Ring/Rock im Parkkündigen im August ihren Wechsel zu Live Nation an. Im September kommt schließlich das Lollapalooza in Europa an, deren globaler Veranstalter wiederum mehrheitlich wem gehört? Live Nation.

2016 wird dieser Kampf, den wohl mittelfristig nicht alle Festivals überstehen werden, weiter gehen. Offen ist derzeit, unter welchen – und wie vielen – Festivals er geführt werden wird. “Vielleicht Rock in der Hölle”, witzelt Landstreicher-Promoter Philipp Jacob-Pahl in Referenz auf die “Grüne Hölle” der DEAG, auf die es insgesamt, so scheint der gute Ton, allseits draufzuhauen gilt. Im nächsten Jahr wird die Konkurrenz um Besucher_innen und Headliner noch wachsen: “Live Nation Festivals wird es geben”, ist sich Andreas Möller von Schoneberg sicher.

Die kleinen Festivals leiden

Besonders schwer ist die Lage für die kleinen Festivals: Eine Band, die bei einem der Großfestivals für das Mittelfeld gebucht ist, kommt bei den kleinen Festivals der Umgebung nicht mehr als Headliner in Frage. Kleine Festivals könnten erst nach Ende der Juni-Festivals mit ihnen werben – viel zu spät. Der Gebietsschutz erstreckt sich häufig auf 200-300km, was dann, wenn man auf der Karte entsprechende Kreise um die Zwillingsfestivals zieht, ganz schön weite Teile der deutschen Festivallandschaft abdeckt.

Es wird so schwierig, ein attraktives Programm für die Festivals zusammenzubuchen. Das Serengeti, beispielsweise, gab es in diesem Jahr zum letzten Mal. Das lässt sich nicht nur über die Konkurrenz durch andere Festivals erklären, ist aber sicherlich ein wesentlicher Faktor. Die Klammer von Festivals wie dem Hurricane und Juicy Beats drücke sehr, führt Four Artists Geschäftsführer Alex Richter aus.

Dabei sind die kleinen und mittleren Festivals wichtig, um Bands aufbauen zu können. Spielt die Band auf einem der Zwillingsfestivals, ist die große Festivaltour mit vielen Konzerten im Anschluss des Jahres nicht mehr denkbar. Genau diese brauche es aber manchmal, um als Band weiter wachsen zu können. Auch deshalb habe mittlerweile fast jeder Tourveranstalter sein eigenes Festival (Landstreicher Booking etwa veranstaltet das Kosmonaut).

Auch diese Festivals stehen in Konkurrenz zueinander, machen die Marktlage insgesamt nicht entspannter. Wo ist also die Trennung zwischen “den Guten” Indie-Festivals und den “bösen” Großveranstaltern anzusetzen? Diese Frage bleibt unbeantwortet. Muss sie wohl auch, steckt doch so viel mehr dahinter.

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Manuel Hofmann

Festivalaffiner Politikwissenschaftler.