Rückblick aufs Hurricane 2011: Warum nur nimmst du deinen Namen immer so wörtlich?

Steffen war als kleiner Satellit auf dem Hurricane, während Manuel und Thomas das Southside beackerten. Im folgenden schildert er uns seine Sicht der Dinge. Nebenbei: Der junge Mann fuhr nach dem Festival nicht etwa gleich nach Hause und legte sich gemütlich in die heimische Badewanne – nein. Er fuhr zusammen mit Lisa auf direktem Wege auf die Reeperbahn um am Montag Abend noch einem intimen Konzert von The Subways beizuwohnen. Respekt!

Alle Fotos: Steffen Neumeister

Regen, Sonne, Wind, fehlt eigentlich nur noch Schnee um das Spektrum komplett zu machen. So gestaltete sich jedenfalls das Wetter auf dem diesjährigen Hurricane Festival. Wer am Donnerstag anreiste, den erwarteten lange Schlangen an der Bändchenvergabe. Schon vor der Öffnung der Schleusen traf man auf tausende von motivierten Festivalbesuchern – bei bis dahin noch gutem Wetter. Einzig der kurze Sturm am frühen Abend sorgte für nasse Shirts. Glück für die, deren Zelte und Pavillons schon standen.

Das Camp füllte sich immer mehr mit bekannten und unbekannten Gesichtern und die ersten Fangetränke wurden auch schon in Angriff genommen. So endete der erste Abend auch relativ spät bei Spekulationen über die Bands des Festivals oder auch anderen, völlig sinnfreien Themen.

Am Freitag Morgen hieß es erstmal ausschlafen und den dicken Schädel vom Vorabend bekämpfen. Die Grills grillten und die Campingkocher kochten, sodass sich jeder eine gute Grundlage für den Rest des Tages aneignen konnte.

Die erste Band, die mich auf das Festivalgelände lockte, war Twin Atlantic. Die Alternative Band aus Glasgow machte allerdings keine wirklich gute Figur auf der Bühne und auch auf das Publikum wollte der Funke nicht so recht überspringen.

Ganz anders ging es da bei den Irie Revoltés zu. Die Reggea Kombo brachte das Publikum zum Hüpfen und tanzen und verbreitete dabei noch ihre politische Message gepaart mit guter Laune. Ein mehr als gelungener Auftritt.

Kurz darauf ging es ins Zelt zu Jupiter Jones. Momentan medienpresent wie nie, musste das Zelt wegen Überfüllung geschlossen werden. Gut, dass es eine Leinwand vor der Red Stage gab, sodass die draußen gebliebenen wenigstens ein bisschen was mitbekommen konnten. Wer die Band nur aus dem Radio kannte und genau diese Art von Musik erwartete (wie es mir schien, waren dies nicht wenige anwesende), der wurde arg enttäuscht. Alle anderen feierten eine riesen Punkrock-Party. Ein bemerkenswert hartes Set aus vielen alten Klassikern aber auch Songs vom aktuellen Album knüppelten durchs Zelt, zwischendurch zwar von Still unterbrochen, dies zog die Stimmung allerdings auf keinen Fall runter. Nach 45 Minuten war Schluss und ich musste erstmal auf dem Campingplatz durchatmen.

Ein paar lauwarme Dosenbieren und etwas Dosenfutter auf dem Campingkocher erwärmt später, ging es zu Jimmy Eat World auf die Blue Stage. Der Platz vor der Bühne war gut gefüllt und die Show wusste auch zu gefallen, jedoch merkte man, dass der Großteil nur auf die Bleed American Songs, den bisherigen Zenit der Band, warteten. Doch wie die Beatsteaks es einst sangen: “Die kluge Band von heut denkt mit und spielt erst ganz zum Schluss den Hit.” Bei The Middle, Bleed American und Sweetness kochte die Stimmung über und bot so einen grandiosen Abschluss des Konzerts.

Währenddessen machte sich auf der Green Stage der Headliner des Abends bereit: Arcade Fire. Die Kanadier lockten eine beachtliche Masse vor die Bühne, welche prompt auch komplett verzaubert wurde. Direkt mit dem Intro schwappte die Gänsehaut wie eine Welle durch das Publikum und zog sich auch durch die ganze Show. Spätestens ab The Suburbs wusste auch der letzte Nörgler, dass diese Band absolut headlinertauglich ist.

Und nun zur Enttäuschung des Abends: Im Zelt spielten Sum41 auf. Nachdem die Show mit 10 Minuten Verspätung begann, schallte erstmal ein 5 Minütiges Intro durch das Zelt. Kurz darauf betrat die Band lustlos die Bühne und spielte ihr Set bestehend aus neuen Songs und ihren Hits ohne große Ansagen herunter. Zwischendurch mal ein kleines Metallica Cover und nach 30 Minuten netto Spielzeit verließ die Band ohne auch nur ein Wort zu sagen die Bühne. Da hätte man von einer Band, welche auf eigenen Wunsch im Zelt spielen wollte, doch mehr erwartet. Die ca. 3000, die vor dem Zelt warten mussten, haben nicht wirklich etwas verpasst.

So ging es dann zurück zum Campingplatz auf dem arme Mitarbeiterinnen hinter dem Backwaren-Stand dazu genötigt wurden, Bananen/Erdbeer-Smoothies mit mitgebrachtem Vodka zuzubereiten. Da sie dieses gut beherrschten, gab es am Samstag mal wieder ein böses erwachen.

Diese Umstände forderten Umstellungen. Die im Zeitplan dick angestrichenen Pulled Apart By Horses wurden leider verschlafen, erst zu All Time Low ging es in Richtung Festivalgelände. Das Gekreische der 13-17 Jährigen Mädchen war groß, als die Band die Bühne betrat. Mit ihrem seichten Pop-Punk unterhielten sie die Leute auch gut und brachten einiges an Stimmung in die Menge.

Auf der Leinwand kündigte man plötzlich den zweiten Headliner für die 2012er Ausgabe des Hurricanes an. Die Ärzte brachten eine gespaltete Meinung ins Festivalvolk und diese Bestätigung sollte auf den Campingplätzen noch reichlich diskutiert werden.

Da The Vaccines ihren Flieger verpassten und nicht auftreten konnten, ging es wieder zurück auf den Campingplatz, wieder ein paar Bierchen schlürfen. Jedoch war die Pause nicht lang, denn kurz darauf spielten Sublime With Rome. Für mich persönlich eine der besten Reunions der letzten Jahre. Rome machte als neuer Sänger und Frontmann eine verdammt gute Figur und bei ihrem Mix aus Punkrock und Reggae kam sogar die Sonne zum Vorschein, schöne Momente zum entspannen.

Mit der Entspannung war es spätestens vorbei, als Gogol Bordello die Bühne betraten. Die Multi-Kulti Band steht für Spaß und Entertainment. Diese Band könnte man auf jedem Festival der Welt spielen lassen – und jeder hätte seinen Spaß. Unglaublich intensive und spaßige 75 Minuten waren es jedenfalls auf dem Hurricane.

Direkt danach machten sich My Chemical Romance bereit, erweckten dabei aber ein wenig den Eindruck der Lustlosigkeit. Frontmann Gerard sprang zwar wie Wild über die Bühne, jedoch sah das doch alles irgendwie zwanghaft und einstudiert aus.

Nach ca. der Hälfte der Show machte ich mich auf dem Weg zur White-Stage um die Audiolith-Bands Egotronic und Frittenbude zu sehen. Jedoch bemerkte man schnell, dass die Bands grade nebensächlich waren.
Vor dem Zelt der White Stage sah man die gleichen Bilder wie im letzten Jahr: Menschenmassen, die versuchten noch irgendwie in die bereits geschlossene Zeltbühne zu kommen, überforderte Ordner und Sanitäter, die aus der Menge gezogene Menschen behandeln mussten. Gerade die Ordner machten teilweise einen verdammt schlechten Eindruck und wirkten alles andere als deeskalierend. Nach dem ähnlichen Vorfall vom letzten Jahr sollte man bei FKP doch einiges gelernt haben. Die Leute, die ins Zelt gekommen sind feierten eine rauschende Party, auf die ich mit den Bildern vor Zelt vor Augen sowieso eher weniger Lust hatte.

In der Zwischenzeit haben sich Incubus auf der Green Stage bereit gemacht. Ich muss zugeben, dass ich nicht wirklich viel von dieser Band kenne und da mein persönlicher Favorit Anna Molly direkt als zweiter Song gespielt wurde, war für mich schnell die Luft raus. Jedoch hörte ich von vielen, welch grandioser Auftritt dies gewesen sein muss.

Ich machte mich allerdings recht früh auf den Weg zur Blue Stage, denn die Kaiser Chiefs schlossen diese am Samstag Abend ab. Everyday I love you less and less, nicht grade nett diese Aussage, aber genau mit diesem Song eröffneten sie ihr Set und brachten das Publikum von der ersten Sekunde an zum Kochen. Die Hits wurden gleichmäßig über die gesamte Konzertlänge verteilt und hielten die Stimmung am Siedepunkt. Sänger Ricky sprang über die Bühne wie ein gedopter Dreispringer und man fragte sich, wie er bei dieser Bühnenakrobatik noch die Töne treffen konnte. Oh My God schloss dieses Festivalhighlight ab und man sah viele glückliche Festivalisten gen Zeltplatz ziehen.

Genau da zog es mich auch hin, allerdings auch sehr schnell ins eigene Zelt, da gefühlt arktische Temperaturen auf dem gesamten Areal herrschten, ausserdem wollte man ja für den nächsten Tag gewappnet sein.

Dieser wurde nämlich schon sehr früh vom britischen Alternative Duo Blood Red Shoes bespielt. Im strömenden Regen trauten sich doch einige Fans vor die Green Stage. Die Band selbst stand sehr tief in der Bühne, da es von vorne immer wieder reinregnete. Tat der Show aber keinen Abbruch, die beiden zogen konsequent ihr Set durch, witzelten hier und da immer wieder mal über das schlechte Wetter und sahen dabei noch verdammt gut aus. Was will man eigentlich mehr? Trockene Kleidung, richtig! Deswegen gings danach nochmal zum Zelt und das Outfit wurde dem Wetter angepasst. Zwiebeltechnik mit wasserfester Aussenhülle war das Gebot, so manch einen Festivalisten konnte man auch mit einem Michelin-Männchen verwechseln.

Auf dem Festivalgelände breitete sich wie ein Lauffeuer das Gerücht aus, dass der Auftritt der Foo Fighters am Abend wegen einer Unwetterwarnung vor der Absage stünde. Nachfrage im Pressezelt ergab: Niemand wusste etwas davon und so konnte man entspannt den Rest des Tages genießen.

Gut, entspannen geht bei Boysetsfire eher weniger, aber die Sau, die kann man schonmal rauslassen wenn die Band um Frontmann Nathan Grey auf der Bühne steht. Leider setzte auch hier der Regen den Zuschauern zu und jeder noch so kleine Funke der von der Band aufs Publikum überspringen zu drohte, wurde direkt vom Regen abgelöscht. Schade, weiß ich doch, dass diese Band weitaus mehr entflammen kann als an diesem Tag.

Ganz anders sah das bei Flogging Molly aus. Der Niederschlag wurde schwächer, der Himmel heller, die Party größer. Diese Band ist auch wieder so ein Kaliber die vom Black-Metaller bis zum Indie-Girlie einfach jeden zum Tanzen bringt. Nebelmaschinen auf der Bühne waren gar nicht mehr nötig bei dem Dampf der aus der schwitzenden Menge entfleuchte.

Leider musste ich mich frühzeitig auf den Weg zur Blue Stage machen, denn The Wombats sind mir dann doch noch ein bisschen näher am Herzen. Ganz in weiß, nur ohne Rosenstrauß, stand die Band auf der Bühne, man hatte doch leichte Assoziationen mit Kraftwerk, so wie die Band hinter ihren Keyboards stand. Jedoch wurden die Nägel bei Publikum und Band schnell aus den Füßen gerissen. Hüpfen, tanzen und mitsingen war angesagt. Neue und alte Songs verschmolzen miteinander und die Stimmung blieb immer auf einem hohen Level. Und als dann alles zu Joy Division tanzte, gab es für niemanden auf dem Platz noch halten. Leider gab es für die Jungs aus Liverpool nur 60 Minuten Spielzeit, viele hätten da wohl gern mehr gesehen.

Ich freute mich nun aber auf eine meiner absoluten Lieblingsbands. Nach 30 Minuten Umbau hieß es: The Subways Time! Kompromisslos starteten sie mit Oh Yeah und brachten so die große Menge vor der Bühne zum mitsingen. Songs vom ersten und zweiten Album hielten sich die Waage und es gab sogar 3 neue, unveröffentlichte Songs vom neuen Album. We don´t need money to have a good time (welches mit deutschem Refrain gesungen wurde), Celebrity und It´s a party klangen beim ersten hören sowas von gut, dass das gesamte Publikum regelrecht ausrastete, dies ist bei Songs die noch niemand kennt ja nicht grade immer der Fall. 75 Minuten Vollgas, keine Balladen, nur der harte Stoff. Billy und Charlotte scheinen wohl nach Kilometergeld bezahlt zu werden, so wie sie auf der Bühne hin und her rannten. Aber irgendjemand musste Joshs Schlagzeug ja bezahlen, bei dem man bei jedem Schlag die Angst hatte, dass er es nun komplett zerdeppert. The Subways, live einfach eine Macht!

Nun war es ander Zeit für den absoluten Höhepunkt des Festivals. Kurz vor dem Auftritt der Foo Fighters konnte man die Spannung in der Luft förmlich greifen. Und pünktlich um 22Uhr ging es los. Aber was war das? Nicht Dave Grohl beritt die Bühne, sondern Elton, Stefan Raabs Fernsepraktikant enterte sie im roten Anzug und kündigte die Band an. Natürlich ging es dann auch direkt los und mit Bridge Burning als Opener wurden dann erstmal die ersten Backpfeifen verteilt. Wer so in ein Konzert startet, der kann sich doch eigentlich nicht mehr steigern. Denkste, nach einigen neuen Songs zum Anfang des Sets gab es eine Hitlastige Show um die Ohren. Die spektakuläre Lichtshow wurde absolut zur Nebensache, denn das Hitfeuerwerkt strahlte noch viel heller. Einzig die Akustikversionen von Wheels und Times Like These zogen die Party ein bisschen runter, was aber nicht heißen soll, dass sie nicht direkt danach weiter ging. Eine kleine Pause braucht jeder mal. Spätestens zu Best Of You und vor allem Everlong sollte jeder wissen, dass diese Band seinesgleichen sucht. Aber wie heißt es immer so schön? Das beste kommt zum Schluss.

Einen besseren Abschluss hätte es für dieses Festival nicht geben können und so konnte jeder noch in der Nacht oder auch am nächsten Morgen glücklich nach Hause fahren.

Hurricane 2011, du warst nass, du warst kalt, du warst toll!

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Steffen Neumeister