Der Freitag: Warten auf Blur
Tanzbar sind auch die Jungs von Two Door Cinema Club, die mit ihrem frickeligen Indie-Rock nach wie vor gute Laune versprühen und damit für einen gelungenen Start in den zweiten Tag des Festivals sorgen. Und der steht ganz im Zeichen der Britpop-Größe Blur, die schon seit Jahren auf meiner Must See-Liste ganz weit oben stehen. Doch bis Damon Albarn, Graham Coxon und Co um 0:10 Uhr auftreten, stehen noch einige Acts auf der Main Stage. So etwa The Hives, die neben ihrer Performance vor allem mit Front- und Rampensau Pelle Almqvist dem Publikum an diesem verhältnismäßig kühlen Tag ordentlich einheizen. So fragt der 35-Jährige gegen Ende des neun Songs starken Sets die Zuschauer wie viele Punkte seine Kapelle für den Auftritt einkassieren darf, nur um dann klarzustellen, dass ihn das kein Stück interessiert und sich noch eine Runde Crowdsurfing zu geben. Als nächstes stehen The Script beim Kampf in die vorderen Reihen auf dem Programm: Eine Band, von der ich bis dato noch nie etwas gehört hatte und in dessen Anschluss ich auch weiß, warum. Die irische Pop-Rockband scheint sich in Belgien allerdings großer Beliebtheit zu erfreuen, darauf lassen zumindest die plötzlich um mich herum stehenden kreischenden Mädchen schließen. Eine Stunde, die wie eine ganze Ewigkeit erscheint, himmeln die Girlies die Männerformation nach dem Steckbaukasten-Prinzip an: Ein süßer Typ am Mikrofon, ein ebenso hübscher Kerl an den Drums und der vermeintlich harte Rocker an der Gitarre – für jeden also was dabei. Etwas, das man von der zuckersüßen, klebrigen Musik mit Sicherheit nicht behaupten kann, die ihren Gipfel der Unerträglichkeit in dem Song “Nothing” findet. Aufgeregte Teens drücken Sänger Danny hier (sehr vertrauenswürdig) ihre Smartphones in die Hand, damit er mit ihren bösen Ex-Freunden und Freundinnen mal Tacheles singt. Da man eine Band aber eigentlich nicht für die Wahl ihres Genre kritisieren kann, will ich The Script an dieser Stelle auch ein paar Punkte zugutehalten. So scheinen die Jungs wirklich Spaß auf der Bühne zu haben, der sich auf ihre jungen Anhänger überträgt und deren reger Zuspruch die irische Kapelle wiederum rührt.
Gefühle, die dringen bei den darauf folgenden Phoenix nicht durch. Tatsächlich hält Sänger Thomas Mars sein Gesicht so frei von Emotionen, dass er schon ziemlich arrogant rüberkommt. Der Musik tut das aber glücklicherweise keinen Abbruch, stattdessen macht die Exzentrik dieses wunderlichen Frontmanns die Performance noch ein wenig unterhaltsamer. Und die steigt mit “Entertainment” von der neuen Scheibe “Bankrupt!” gleich gut in die Eisen, ehe sie ihren größten Hit “Lisztomania” bereits als dritten Song hinterherschieben – spätestens da haben Phoenix ihr Publikum im Kasten und der Auftritt ist in trockenen Tüchern. “Sex on Fire” hingegen ist der wohl mit Abstand größte Hit der Kings of Leon, wie an diesem Abend auch der mitgrölende Platz vor der Hauptbühne unterstreicht. Sexy oder feurig ist die Performance der US-Amerikaner allerdings so gar nicht. Das Set beginnt stark mit Songs wie “Crawl” und älteren Nummern wie “Four Kicks”, “Taper Jean Girl” und “Molly’s Chambers”, doch die Bluesrocker aus Tennessee können das Niveau nicht über ihre knapp anderthalb Stunden Spielzeit halten. Da hilft am Ende auch das Raushauen ihrer größten (Radio-)Hits “Use Somebody”, “Radioactive” und “Sex on Fire” direkt hintereinander nicht mehr, um das Ruder noch herumzureißen. Was schlussendlich bleibt, ist der Eindruck einer Band, die stumpf ihr Set runterspielt und ihr Publikum somit auch nicht erreicht. Erkennbar ist das unter anderem bei dem mit Spannung erwarteten “Sex on Fire”: Es singen zwar alle mit, der im ersten Wellenbrecher aufgestaute Druck entlädt sich allerdings in keinem erhofften, kollektiven Ausraster.