Festivals, Reviews

So war’s: Glastonbury Festival 2013

Sven Morgenstern

Festivalfficionado, Fotodude

Neurobiologe, Festivalliebhaber. Verdient seine Brötchen mit Webseitenkonsulting (Strategische Planung, Erstellung, Pflege) bei 70six.de.

Der Freitag

Foto: Lisa Reber

Daher quäle ich mich schon gegen 10 Uhr aus dem Zelt um rechtzeitig den Weg zur Other Stage antreten zu können. Was mich dort erwarten sollte, hätte ich in meinen kühnsten Träumen nicht erwartet. Der Platz vor der Other Stage ist bestimmt zu gut drei Vierteln gefüllt. Morgens um 11 Uhr! Das sind Zeiten, zu denen der deutsche Durchschnittsfestivalgänger in der Schlange zur Dusche ansteht oder noch immer komatös im Zelt liegt. Die Engländer aber finden sich lieber zahlreich vor der Bühne ein um Live-Musik zu sehen. Und sei es nur Musik von Beady Eye, den ungeliebten Rest von Oasis ohne Mastermind Noel Gallagher. Nach 15 ziemlich dürftigen Minuten, die meinen Eindruck, den ich schon vom Debüt-Album hatte, bestätigten, führt mich mein Weg vorerst zurück zum Zelt um noch eine Mütze Schlaf zu bekommen.

Erst gegen 13 Uhr breche ich wieder auf. Mein Weg führt mich erstmalig zur Pyramid Stage, diese legändere Bühne, die schon so unfassbar viele Stars gesehen hat. Und irgendwie ist es ein unfassbar erfüllendes Gefühl vor ihr zu stehen. Formschön erhebt sie sich in der Mittagssonne, inmitten tausender gutgelaunter Engländer. Dort sollte Jake Bugg gleich seinen großen Auftritt haben. Zwar konnte mich sein Debüt-Album nicht vollends überzeugen, jedoch hätte mir Redaktions-Grumpel Manu wohl jegliche Kompetenz abgesprochen, wenn ich mir den neuen Stern am englischen Songwriter-Himmel hätte entgehen lassen. Und so ungern ich das sage: Manu hatte recht. Jake Bugg ist selbst in seinen jungen Jahren schon so unfassbar abgebrüht und cool, seine Musik absolut livetauglich. Das war ziemlich überzeugend, was auch die zahlreichen Zuschauer vor der Pyramid so sehen.

Von der Pyramid geht es vorbei an unglaublich reichhaltigen Essens- und Getränkeständen in Richtung Other Stage. Ohne Witz: Wäre nicht die Musik der Hauptgrund des Besuchs gewesen, man könnte die fünf Tage auf dem Glastonbury auch ohne Probleme mit dem Verkosten der kulinarischen Köstlichkeiten verbringen.

Auf der Other Stage sehe ich noch den Rest von Enter Shikari. Zwar ist das nicht wirklich meine Musik, aber die Herren dort auf der Bühne haben richtig(!) Bock, sodass der Funke doch zumindest ein bisschen überspringt.

Der eigentliche Grund für das Verweilen vor der Other Stage sind aber The Lumineers. Diese liefern das erste ganz große Highlight dieses Wochenendes. Irgendwie hat man das Gefühl, die Band spielt hier gerade den Gig ihres Lebens. Und irgendwie erfüllt es mich mit unglaublicher Begeisterung, diesem bewohnen zu dürfen. Publikum und Band schaukeln sich gegenseitig von einem Hoch zum nächsten bis schließlich die Hälfte der Band auf Tuchfühlung geht und kurzerhand mitten im Publikum weiterspielt. Das sind die Momente, für die ich Festivals besuche. Gänsehaut. Auch noch beim Schreiben dieser Zeilen.

Überzeugen können im Anschluss auch Frightened Rabbit, die auf der John Peel Stage gastieren. Scheinbar hat der offizielle Fanclub einen Betriebsausflug zum Glastonbury geplant, denn die John Peel Stage (Zeltbühne) ist in diesen Minuten geprägt von Frightened-Rabbit-Fahnen. Schöner Auftritt, der mich persönlich (vielleicht auch pegelbedingt) auf jeden Fall mehr überzeugt als der auf dem Hurricane.

Im Anschluss geht’s für mich wieder einmal zur Other Stage, wo ich noch etwa die Hälfte des Sets von Alt-J sehe. Aber auch live kann mich nachwievor nur Taro überzeugen. Die Band wirkt uninspiriert, vielleicht täte ihnen eine Pause ganz gut.

Die starke Fluktuation im Zuschauerraum bietet mir aber die Möglichkeit, einen guten Platz für den Auftritt der Foals zu sichern. Und diese überzeugen auf voller Linie. Es sind diese Momente wie bei Spanish Sahara, das sich von der langsamen Ballade zum tanzbaren Dancefloor-Knüller steigert, in denen ich mich frage: Geht es besser? Es sind die Momente wie Two Steps Twice, das satte acht Minuten in die Länge gezogen wird, an dessen Ende sich all die Energie in den Kehlen und Beinen entlädt. Es sind die Momente, in denen tausende von Individuen zu einer Masse verschmelzen, die einfach nur den gleichen Moment feiern. Den gleichen verdammt perfekten Moment.

Überwältigt von diesen Eindrücken schleppe ich meine müden Beine noch ein letztes Mal zur Pyramid Stage, denn dort stehen die Arctic Monkeys, der heutige Headliner, auf der Bühne. Das, was ich sehe, gefällt mir ausgeprochen gut. Die Herren haben Bock, die Setlist ist gut gemischt. Und dennoch halte ich es nicht bis zum letzten Song aus. Zu sehr schmerzen die Füße vom langen Tag in Gummistiefeln.

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